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Zunftkeller

Dresdner Straße 11-13 | Ortsteil: Zentrum-Ost

Das Restaurant „Zunftkeller“ befindet sich im Haus des Handwerks, auch „Brandstetterhaus“ genannt. Dort hat auch die Handwerkskammer zu Leipzig ihren Sitz. Die Räumlichkeiten gehörten einst zum Druckerei- und Verlagsimperium des Kaufmanns und Verlegers Oscar Brandstetter. Der heute bereits von Weitem erkennbare monumentale und reich verzierte Neubaukomplex in Form eines fünfgeschossigen Stahlbetonbaus wurde zwischen 1906 und 1907 nach Entwürfen des Architekten Curt Nebel errichtet. Von den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg verschont, lief der Betrieb in dem Druckhaus in der DDR bis 1994 weiter. Nach einer umfassenden Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes zwischen 1995 und 1996 wurde der Zunftkeller zu Beginn des Jahres 1997 im ehemaligen Papierlager der Druckerei eröffnet. In den historischen Räumlichkeiten können die Gäste gutbürgerliche deutsche Küche genießen.

„Meisterlich arbeiten, zünftig speisen“ in der ehemaligen Druckerei


Die Fassade des Haus Gebäudes gestaltete Curt Nebel aufwändig mit 38 plastischen Darstellungen zum Thema Buchgewerbe und verbildlichte somit die Leipziger Polygraphiegeschichte auf einmalige Weise. Abgebildet sind unter anderem Symbole des Notenstichs, der Lithographie und der Buchbinderei sowie Darstellungen aus dem Arbeitsalltag des Buchgewerbes. Der Eingang des Zunftkellers wird von zwei Reliefs, welche Arbeiterszenen abbilden, umrahmt: Eines linkerhand des Portals trägt die Inschrift „Buchbinderei“, oberhalb der Eingangstür steht das Wort „Lithographie“ geschrieben. Zwischen den Reliefs hat sich der Architekt an der Fassade namentlich verewigt. Ein weiteres in die Fassade eingelassenes Relief bildet einen Bienenkorb ab, welcher an das gleichnamige Gasthaus von 1847 erinnert. Im Eingangsbereich des Restaurants befand sich früher der Stapelwender.

Das historische, gemütliche Stammkneipenflair wird den Gästen bereits nach dem Betreten des Zunftkellers mit Blick auf den urigen Tresen in seiner dunklen Holzverkleidung vermittelt. Unter dem Motto „Meisterlich arbeiten – zünftig speisen.“ werden gut bürgerliche deutsche Gerichte wie Rinderroulade, Zanderfilet, Bauernfrühstück und Schnitzel angeboten. Abgerundet wird das Angebot von einer Auswahl regionaler Weine, Bier vom Fass und Leipziger Spezialitäten wie Allasch, Gose und Brotschnaps.

Das sich neben dem Restauranteingang befindliche „Meisterzimmer“ bietet Platz für bis zu 25 Personen, in der Gaststube selbst gibt es bis zu 80 Plätze.

Stand: 15.09.2024

Zoo Leipzig / Zoologischer Garten

Pfaffendorfer Straße 29 | Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Der Zoo Leipzig gehört zu den ältesten und artenreichsten Zoos der Welt. Er wurde 1878 von Ernst Pinkert gegründet und beheimatet auf einer Gesamtfläche von rund 26 Hektar knapp 600 Tierarten. Laut des Sheridan-Rankings gilt er seit mehreren Jahren als beliebtester Zoo Deutschlands und – nach dem Tiergarten Schönbrunn/Wien – als zweitbeliebtester Zoo in Europa.

Vom Ratsgut Pfaffendorf zum Zoologischen Garten von Weltrang


Die traditionsreiche Anlage des Zoologischen Gartens befindet sich heute zum Teil auf geschichtsträchtigem Terrain. Der westliche Abschnitt des Zoos gehörte einst zum Rosental, gemeinsam mit dem
Schweizerhäuschen, welches heute unter dem Namen Hacienda Las Casas eine von zahlreichen gastronomischen Einrichtungen im Zoo Leipzig ist. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1824 und war bis zu seiner Eingliederung in den Zoo 1927 ein beliebtes Café und Ausflugsziel mit angrenzendem Konzertgarten im Rosental.

In den an das Rosental angrenzenden Pfaffendorfer Feldern besaß der Gastwirt und spätere Gründer des Zoos Ernst Pinkert zu dieser Zeit das Gasthaus Zum Pfaffendorfer Hof. Um sein Lokal für Ausflügler noch attraktiver zu gestalten, stellte er ab 1876 exotische Tiere aus, die er von seinem Partner Carl Hagenbeck, einem Hamburger Tierhändler, bezog. Pinkerts tierische Ausstellungen mündeten im Jahr 1878 schließlich in die Gründung eines privaten zoologischen Gartens auf dem Ratsgut Pfaffendorf. Die Anlage mauserte sich zu einer beliebten Freizeiteinrichtung. Nur zwei Jahre nach der Eröffnung wurde erstmals ein Löwe geboren, was zu dieser Zeit eine echte Sensation war. 1882 wurde die Anlage um eine Radrennbahn erweitert. Im Jahr 1899 wurde das Privatunternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und durch die damit verbundene finanzielle Stärkung erweitert. Es wurden viele der heute noch erhaltenen historischen Ausstellungsgebäude errichtet: Das älteste Raubtierhaus, heute das „Entdeckerhaus Arche“, stammt noch aus dem Jahr 1878.

Die Architektur des Leipziger Zoos spiegelt sich in vier Entwicklungsabschnitten wider. 1900 wurden das Neue Raubtierhaus, das Affenhaus und das Aquarium im neugotischen Stil erbaut. Diese erste Bauetappe betonte die exotische Herkunft der tierischen Bewohner. Nachdem der Zoo in den Folgejahren des Ersten Weltkriegs mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, wurde er im Jahr 1920 von der Stadt Leipzig übernommen. In der zweiten großen Bauphase in den 1920er und 1930er Jahren entstanden die künstlerisch bedeutenden Bauten des norddeutschen Klinker-Expressionismus. Charakteristisch war vor allem der Verzicht auf Gitter und Absperrungen. Zu den neuen Bauten zählten das 1926 entstandene Dickhäuterhaus, die Bärenburg aus dem Jahr 1929 und neue Flugkäfige. 1934 wurden die Anlagen für Rhesusaffen und Paviane sowie die Pinguinanlage ergänzt. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Zoos wurde 1928 zur Erinnerung an den Zoogründer das Ernst-Pinkert-Denkmal eingeweiht.

Nach Schließung des Zoos im Zweiten Weltkrieg wurde er am 6. Mai 1945, genau zwei Tage vor dem offiziellen Kriegsende, wiedereröffnet und zwei Jahre später auf 16 Hektar erweitert. Der dritte Entwicklungsschritt des Zoos wurde ab 1976 durch die Tiergartenbiologie des Schweizer Zoologen Heini Hediger gekennzeichnet. Es entstanden die Australienanlage, die Robbenanlage und das Pandarondell in einem weiträumigen und naturnah gestalteten Gehege. Anlässlich des 100. Gründungstags 1978 wurde im Vorhinein 1976 das Zooschaufenster übergeben. Tiefe Gräben anstatt von Sichtbarrieren ermöglichten einen Einblick vom Rosental in das Tiergehege der Kiwara-Savanne.

Auf dem Weg zum „Zoo der Zukunft“

Im Jahr 2000 wurde nach Plänen von Zoodirektor Jörg Junhold vom Stadtrat das Projekt „Zoo der Zukunft“ bewilligt, der in fünf Bauabschnitten entstehen sollte: Kernpunkt des Projektes war zu dem Zeitpunkt die Umgestaltung und Einteilung des Zoos in einen Naturerlebnispark, bestehend aus den Themenbereichen Afrika, Asien, Südamerika, Gründer-Garten, Pongoland und Gondwanaland. Das Konzept sah außerdem einen simulierten Lebensraum vor, in dem die Tiere möglichst naturnah und artgerecht gehalten werden und den Besuchern ein authentische Besuchserlebnis geboten wird.

Expedition durch die Erlebniswelten


Bereits beim Passieren des Eingangsportals ist die geschichtsträchtige Atmosphäre des Gründer-Gartens mit Gebäuden aus den Gründerjahren des Zoos zu spüren. Diese tragen die Handschrift von Ernst Pinkert, der einst den Grundstein für den Zoo legte. Zum historischen Gebäude-Ensemble gehören das Entdeckerhaus Arche, das Koala-Haus sowie das Aquarium mit angeschlossenem Terrarium. 

Seit 2001 gab es in diesem Zusammenhang und im Zuge des vierten großen Entwicklungsabschnitts mehrere Neueröffnungen von Anlagen. 2001 wurden die Löwensavanne Makasi Simba und die weltgrößte Menschenaffenanlage Pongoland eröffnet. In tropischer Hitze und üppiger Regenwaldvegetation kann man Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos auf Kletterbäumen beobachten. Statt einer Abgrenzung durch Gitter sind die Affen durch Trocken- und Wassergräben sowie Panzerglas von den Besuchern getrennt. Besonders einmalig ist das Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Zoo und dem Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, welches vor Ort Forschungen zu vergleichenden Verhaltensbeobachtungen der Affen durchführt.

Im Herbst 2001 folgte unmittelbar die Eröffnung der Erdmännchen-Anlage in den Rosental-Freianlagen. Das Neue Raubtierhaus aus dem Jahr 1902, Heimstätte der weltberühmten Leipziger Löwenzucht, in dem bis dato mehr als 2.300 Löwen geboren wurden, wurde 2002 unter dem Namen „Entdeckerhaus Arche“ wiedereröffnet. Ebenfalls im Jahr 2002 wurde die Lippenbärenschlucht im Staudengarten ausgestaltet, gefolgt von der Tiger Taiga 2003. Hierfür zogen die Armurtiger aus der alten „Tigerfarm“ in die neu eröffnete Anlage.

Seit 2003 ist im Fernsehen die Doku-Serie „Elefant, Tiger & Co.“ zu sehen, die von Geschichten der Zoobewohner abseits der Besucherpfade erzählt.
2004 wurde die neu gestaltete Kiwara-Savanne mit dem Restaurant Kiwara-Lodge und angeschlossener Tüpfelhyänen-Anlage auf dem Boden der ehemaligen Rosental-Freianlagen eröffnet. Seitdem kann man hier wie in freier Wildbahn Giraffen, Strauße und Zebras vom Zooschaufenster aus beobachten. Im Jahr 2006 erfolgte die Fertigstellung des Elefantentempels Ganesha Mandir. Je nach Wetterlage können die asiatischen Dickhäuter im Tempelbau oder im weitläufigen Außengehege beobachtet werden. Mit etwas Glück kann man den Elefanten durch die Unterwasserscheibe im Tempelkeller beim Baden zusehen. 2012 eröffnete die Hochgebirgslandschaft Himalaya, in der Schneeleoparden, Schopfhirsche und Rote Pandas zu Hause sind. Die beeindruckende Felskulisse ist der schroffen Heimat der Tiere originalgetreu nachempfunden.

Tropenerlebniswelt Gondwanaland


Zwischen 2007 und 2011 wurde die 35 Meter hohe Tropenhalle mit Erlebniswelt Gondwanaland erbaut. Im tropischen Regenwaldklima Afrikas, Asiens und Südamerikas leben etwa 200 verschiedene exotische Tiere und rund 500 verschiedene Pflanzenarten. Über verschlungene Dschungelwege, einen Baumwipfelpfad mit begehbarer Totenkopfaffen-Insel und Hängebrücken kann der Besucher die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt hautnah miterleben. Auf dem Urwaldfluss Gamanil kann man sich mit dem Boot auf eine Zeitreise durch die Erdgeschichte bis hin zur Entstehung des Regenwalds begeben.

Stand: 02.02.2025

Bildergalerie - Zoo Leipzig / Zoologischer Garten

Historisches Bildmaterial - Zoo Leipzig / Zoologischer Garten

Wolf, Thorsten

Kabarettist, Schauspieler, Regisseur | geb. am 2. Februar 1965 in Leipzig

Deutschlandweit bekannt wird er als Tierpfleger Conny Weidner. Das ist die gute Seele des Zoo Leipzig in der ARD-Fernsehserie „Tierärztin Dr. Mertens“. Kabarettist und Schauspieler Thorsten Wolf bietet sogar Filmführungen an seine Drehorte an, etwa in den Wildpark Leipzig oder ins historische Stadtbad. Vor der Kamera steht er auch für andere Projekte, darunter mehrmals für den „Polizeiruf 110“ oder in die MDR-Serie „In aller Freundschaft“. In der Musikalischen Komödie ist er als Frosch in der „Fledermaus“ zu sehen. Für ihn ein Ritterschlag, wie er sagt. Das eigene Kabarett, die Leipziger Funzel in der Strohsack-Passage in der Nikolaistraße, hat er im Oktober 2023 allerdings geschlossen.

Geboren wird Thorsten Wolf am 2. Februar 1965 in Leipzig. Er wächst in Connewitz auf, geht dort in die Karl-Jungbluth-Oberschule in der Bornaischen Straße. Geprägt hat ihn, wie er sagt, das Kiez-Kino UT Connewitz in der Wolfgang-Heinze-Straße, wo er unzählige Filme gesehen hat sowie der Eckladen „Die süße Anna“ am Spielplatz Herderplatz, wo er viel Lutscher und Lakritze kaufte. Viele Jahre habe er in der Hildebrandstraße, später in der Prinz-Eugen-Straße gewohnt. Ein „Südstaatler“, wie er betont.

Ein komisches Talent fürs Kabarett


Nach der Schulzeit erlernt er den Beruf eines Klempners und Sanitärinstallateurs im damaligen Bau- und Montagekombinat Süd. Doch es drängt ihn zur Bühne. Deshalb macht er ab 1984 zunächst beim Amateurkabarett „Baufunzel“ des Betriebes mit, welches aus den „Büroklammern“ hervorgegangen ist. Von 1987 an tritt die „Baufunzel“ öffentlich in Klubs und Klubhäusern auf, darunter in der „Nelke“ in
Grünau, im BMK Süd (heute Amtsgericht) sowie im „Klubhaus der Freundschaft“. Wolf selbst wird rasch zum führenden Kopf des Betriebskabaretts, das als Volkskunstkollektiv, wie es damals heißt, zahlreiche Preise gewinnt. Er ist ein geselliger Typ und liebt es, sein komisches Talent auszuleben.

Nach der Friedlichen Revolution wird das Ensemble freiberuflich tätig. Es gibt sich den neuen Namen Kabarett „Leipziger Funzel“. Das Logo, darunter die Banane, entwickelt Reiner Schade. Und Thorsten Wolf – damals 26 – wird jüngster Theaterdirektor Ostdeutschlands. Das erste Gastspiel in den Westen führt 1990 in Leipzigs Partnerstadt Hannover.

Die eigene Bühne in der Strohsackpassage


Ab 1992 hat das Ensemble seine Spielstätte in der Nikolaistraße 12-14 im Haus
„Zum Rosenkranz“. 1997 bezieht die „Leipziger Funzel“ ihr eigenes Domizil in der Strohsack-Passage. Es beginnen aufregende Zeiten, mit vielen Höhen und Tiefen. Die Vorstellungen sind erfolgreich. Viele bekannte Gaststars aus der Kabarett- und Comedyszene kommen gern zu Gastspielen. Für viele, wie Götz Alsmann, Dieter Nuhr, Karl Dall oder Hella von Sinnen wird es ein Test, wie sie beim Publikum im Osten ankommen. Ein Tiefschlag ist der Tod des Bruders Tobias, mit dem er einst das Kabarett-Theater als Familienunternehmen aufgebaut hat.

Am 31. Oktober 2023 ist Schluss – das Kabarett wird geschlossen. Das ist das Ergebnis langer Überlegungen aus Altersgründen und „aus unternehmerischer Verantwortung“, wie er sagt. Wolf favorisiert einen geplanten Abgang mit Applaus, will nicht mit einem überalterten Ensemble nebst Publikum zugrunde gehen. „Ensemble-Kabarett funktioniert nicht mehr so gut wie früher“, sagt er. „Das Publikum möchte derzeit lieber Gastro-Events, Dinnerbuffets und Brunchshows.“ Das wiederum ist nicht unbedingt Wolfs Ding. Zudem sei der Mietvertrag ohnehin ausgelaufen.

Der Keller in der Strohsack Passage ist längst geräumt. Viele der über Jahrzehnte angesammelten Devotionalien haben über den Flohmarkt neue Besitzer gefunden. Selbst die Bürste seines Klomanns Willi hat der Funzel-Chef versteigert.

Mit der Kneipe „Dr. Faustus“, dem Nachfolger der „First Whisk(e)y Bar“, ist noch ein Stückchen der alten „Funzel“ erhalten geblieben. Ebenso der Kabarett-Stammtisch mit etwa 26 Mitarbeitern. Neben den vielen Terminen in der Leipziger Kulturszene gibt es für Thorsten Wolf immer noch genug zu tun. Nicht nur im Fernsehen. 2025 übernimmt er Regie für das neue Programm „Harakiri to go“ der Leipziger Pfeffermühle. Angebote, eigene Solo-Programme aufzulegen, lehnt er bislang ab. Er will nicht mehr, wie in den vorangegangenen 35 Jahren, viele Abende über einen längeren Zeitraum auf der Bühne stehen. „Wenn Not am Mann ist, springe ich aber zeitlich begrenzt ein.“ Vor allem als Regisseur.

Seine Leidenschaft ist das Reisen


Der gebürtige Leipziger, der Tiere und die Natur liebt, lebt seit 2012 in Taucha. Deshalb ist die Rolle des Cheftierpflegers in der ARD-Fernsehserie ihm auch wie auf den Leib geschrieben. Auf die Tierszenen bereitet er sich akribisch vor. Auf zahlreichen Reisen hat er viele Tierarten auch schon in ihrem natürlichen Umfeld erlebt, etwa die Gorillas in Uganda. Thorsten Wolf ist gern unterwegs, um andere Länder und Menschen kennenzulernen.

Bislang hat er 134 Länder bereist, wie er nicht ohne Stolz sagt. Und auch Vorträge darüber gemacht. Die nächsten Ziele, etwa Südgeorgien und die Falkland-Inseln mit den Kaiserpinguinen, stehen fest. 2026 ist ein Projekt „Wolfsgeheul“ über sein Leben als Schauspieler mit vielen Anekdoten im Central Kabarett Leipzig geplant. Ein Team hat ihn zudem über ein Jahr lang begleitet, um einen Dokumentarfilm zu drehen. In seiner Freizeit ist Wolf leidenschaftlicher Skatspieler, darunter auch Ehrenvorsitzender bei den Muldenperlen in Grimma. Nach wie vor ist er beratend tätig, wenn es um Kulturförderung in Leipzig geht.

Stand: 21.02.2025

Bildergalerie - Wolf, Thorsten

Wochenmarkt in der Innenstadt

Markt / Innenstadt | Ortsteil: Zentrum

Warme weeche Bretzeln, Heedelbeern, Scheerschliep, Messerschliep – Die Rufe und Gesänge der Straßenhändler gehörten zum gewohnten Treiben der Stadt Leipzig, vor allem zu Markt- und Messezeiten. Auch heute erfreuen sich die zahlreichen Märkte der Stadt großer Beliebtheit.

Früher wie Heute


Die Wochenmärkte in Leipzig sind nach der Wende wieder etabliert worden. Da es damals nicht viele Supermärkte gab, wurde auf die Ware vor Ort zurückgegriffen. Auf den Märkten konnte man sicher sein, frische Lebensmittel zu erhalten. Auch heute gibt es gewisse Standards, die die Händler und ihre Ware erfüllen müssen. Angaben zu Inhaltsstoffen, Herkunft und Verarbeitungskette müssen beim Marktamt vorgelegt werden.

So findet der Einkäufer regionale Produkte, Backwaren, Fleisch und Fisch sowie Käse aus der Region. Auch Blumen und Natur-Handwerk werden hier verkauft. Neben dem Verkauf ist der Wochenmarkt vor allem Treffpunkt der Generationen und gesellschaftlicher Trends wie gesunder Ernährung und bewusster Einkauf regionaler Produkte.

Leipzigs Märkte


Der Wochenmarkt in Leipzigs Innenstadt findet wöchentlich auf dem
Markt vor dem Alten Rathaus statt. Mit teilweise bis zu 100 Händlern ist dieser Frischmarkt, auf dem nur frische Produkte angeboten werden, der größte der Stadt. Daneben gibt es noch 13 weitere Standorte in Leipzig, so zum Beispiel in Gohlis, Liebertwolkwitz, Paunsdorf, Lindenau, Lößnig und Grünau. Der Wochenmarkt in Wiederitzsch ist mit seinen fünf Händlern dabei der kleinste der Stadt. Wenn der Markt aufgrund von mehrtägigen Großveranstaltungen wie Leipziger Stadtfest, Leipziger Markt Musik, oder Leipziger Weihnachtsmarkt belegt ist, dann dient der Augustusplatz mit seiner guten Verkehrsanbindung als Ausweichmöglichkeit. Samstags findet der Wochenmarkt in einer kleineren Variante auf dem Richard-Wagner-Platz statt.

Bei einer Anzahl von wöchentlich 20 Märkten, die vom Marktamt der Stadt Leipzig betrieben werden, können Liebhaber von dienstags bis samstags täglich mindestens einen Markt besuchen. Das Marktamt ist dabei das Amt innerhalb der Stadtverwaltung, welches die Wochen- aber auch Spezialmärkte organisiert, Sondernutzungsrechte erteilt und die Infrastruktur bewirtschaftet, darunter die Stromverteilung.

Weitere Standorte in Leipzig werden von privaten Veranstaltern organisiert. Dazu gehört der Markt am Sportforum, bei dem neben Lebensmitteln auch Kleidung, Taschen oder Gardinen erstanden werden können. Auch der Samstagsmarkt in der Plagwitzer Markthalle wird privat organisiert. Hier gibt es jede Woche frische Lebensmittel, die direkt von den Erzeugern verkauft werden.

Eine Kampagne für das Markttreiben


Um dem Wochenmarkt Aufmerksamkeit zu schenken, wurde die Kampagne „Erlebe deinen Wochenmarkt“ ins Leben gerufen. Seit 2019 nimmt auch Leipzig an dieser Lebensqualitätskampagne teil, die rund 250 Märkte in 45 Regionen zählt. Sie ist ein Teil der internationalen Festwochen „Love your local market“, die in 19 Ländern rund 4.000 Märkte vereint. Ziel dieser Kampagne ist es, vor allem die kleineren Märkte zu stärken und so den Markt als sozio-kulturelles Zentrum der Städte zu erhalten. Neben allen Herausforderungen wie Nachwuchsmangel, stehen während der Festwochen die Freude, Vielfalt und Qualität, besondere Erlebnisse und persönliche Begegnungen im Vordergrund. All die Vorzüge, die ein Supermarkt oder Discounter eher weniger zu bieten hat.

Stand: 26.01.2025

Bildergalerie - Wochenmarkt in der Innenstadt

Historisches Bildmaterial - Wochenmarkt in der Innenstadt

Wagler, Silke

Modedesignerin, Schneiderin | geb. am 4. Dezember 1968 in Leipzig

„Mode ist vergänglich. Stil bleibt“ – dies können vorbeifahrende Bootsfahrer auf dem Elstermühlgraben am ehemaligen Kutscherhaus lesen, in dem eine der bekanntesten Modedesignerinnen Leipzigs ihr Atelier betreibt. Silke Wagler verbindet in der Käthe-Kollwitz-Straße 61 die Handwerkstradition des Maßschneiderns mit zeitgemäßem Design. Seit 1990 ist Wagler, die ihr Handwerk in den Theaterwerkstätten des Leipziger Schauspielhauses erlernt, mit ihrem Label Silke Wagler Couture erfolgreich. Das Atelier entwirft individuelle und maßgeschneiderte Mode. Dazu gehören Abendkleider und Festgarderobe für Damen und Herren ebenso wie der klassische Herrenanzug sowie Brautmode und Bühnengarderobe.

Geboren wird Silke Wagler am 4. Dezember 1968 in Leipzig und wächst zunächst in Lindenau, später dann in Wahren in Nähe des Auwaldes auf, besucht die Schule in Stahmeln. Ihre Eltern stammen beide aus dem Erzgebirge. Schon die Mutter näht viel und gern, der Vater ist Textilingenieur in einer Forschungsabteilung des Volkseigenen Betriebes Baumwollspinnerei. So gesehen wird Silke Wagler die Liebe zur Schneiderei in die Wiege gelegt. Nach der Schule will sie eigentlich Kostümbildnerin werden. Die junge Frau macht das, was sie am besten kann: Schneidern, Nähen, Sticken. Das Hobby wird zum Beruf. Sie beginnt eine Ausbildung zur Herrenmaßschneiderin bei den Leipziger Theaterwerkstätten.

Eine Karriere im eigenen Unternehmen hat sie damals nicht im Blick. Gleich nach der Wende rät ihr ein Freund, der Galerist Gerd Harry „Judy“ Lübke: „Mach dich doch selbständig, mehr als schiefgehen kann es nicht.“ Ausgerüstet mit einigen alten Nähmaschinen ihrer Mutter eröffnet sie an ihrem 22. Geburtstag schließlich einen Laden im Leipziger Osten. Es ist das „East End“ in der Schulze-Delitzsch-Straße. Dort wohnt sie damals in einem besetzten Haus. Der Laden ist ein Lager, in dem sie auch Mainelken und „sozialistische Winkelemente“ vorfindet. Die verwendet sie später für ihre Kollektion zur ersten Modemesse „Demoschick“ im Ring-Messehaus.

Ein Gegenentwurf zur Massenkollektion


In Leipzig hat sie während der
Friedlichen Revolution gegen die Wut und für die Freiheit demonstriert. Später dann auch für ein vereinigtes Deutschland. „Viele Menschen haben Leipzig nach der Wiedervereinigung den Rücken gekehrt. Das hat bei mir eine Trotzreaktion ausgelöst“, sagt sie in einem Interview. Konkurrenz gibt es kaum. Viele Westler haben den Ostdeutschen damals keinen Geschmack zugetraut. Die großen Ketten übernehmen den Handel und bringen oft den Ramsch mit, den sie im Westen nicht loswerden. Silke Wagler will aber nichts von der Stange, vielmehr ihre eigenen Kreationen entwerfen. Und bietet einen Gegenentwurf zur Massenkonfektion an.

Von „East End“ – sicherlich damals nicht die beste Adresse für Mode – geht es weiter in die Jahnallee, später zusätzlich in Specks Hof. Beide Geschäfte vereint sie schließlich und zieht im Jahr 1999 an den Thomaskirchhof. Dort eröffnet sie das „Modeatelier Silke Wagler Couture“, das schnell stilbewusste Menschen anzieht. Die Kunden kommen aus Leipzig, Wien, Zürich und New York. Schauspieler, Politiker und Geschäftsleute sind dabei. Eine der bekanntesten Kundinnen ist die Verlegerin Friede Springer.

Zum 30. Firmenjubiläum im Jahr 2020 scheint alles vorbei zu sein. Corona und der Lockdown haben die Gesellschaft fest im Griff. Plötzlich gibt es keine Hochzeiten, keine Bälle, keine Feste und Empfänge mehr, bei denen stilvolle Abendgarderobe gefragt ist. Auch der Opernball, für das Geschäft der Höhepunkt im Jahr, wird abgesagt. Im Geschäft stehen plötzlich heulende Bräute und Abiturientinnen, erzählt sie, die plötzlich nicht mehr zum Ball dürfen. Auch Silke Wagler ist zum Heulen zumute. Plötzlich will niemand mehr Abendroben oder Fracks für diverse festliche Anlässe. Aber sie gibt nicht auf.

Corona bringt Aus für Atelier am Thomaskirchhof


Sie stellt ihr Geschäft rigoros um. Im Atelier werden nur noch Schutzmasken gefertigt – aus Stoff. Modelle aus dunkelblauem Brokat werden bis nach Mallorca und Österreich geliefert. Für die Stadt Leipzig näht sie jetzt 1.000 Schutzkittel. Das größte Risiko bleibt jedoch die Miete für den 220 Quadratmeter großen Laden in bester Citylage. Die Modemacherin muss im Dezember 2020 ihr edles Atelier am Thomaskirchhof räumen. Sie zieht zunächst in ein Interim in der Berliner Straße, nimmt Corona-Hilfen in Anspruch und schafft es, dass ihr Lehrling die Ausbildung bei ihr beenden kann.

Mit der Rückkehr gesellschaftlicher Ereignisse nach Corona geht es wieder aufwärts. In der Käthe-Kollwitz-Straße 60, einem ehemaligen Kutscherhaus, werden Räume frei. Die sind zwar kleiner als im früheren Atelier, aber mit inspirierendem Blick ins Grüne und auf vorbeifahrende Boote auf dem Elstermühlgraben. Statt acht Mitarbeitern sind jetzt nur noch drei an Bord. Steve Rosenstock, den Silke Wagler im August 2024 heiratet, unterstützt sie dabei. Der Betriebswirtschaftler, der zuvor Start-ups fit macht, und die Künstlerin stellen das Unternehmen nun gemeinsam komplett neu auf.

Unikate sind auf Kunden zugeschnitten


Mittlerweile gibt es drei klare Produktlinien: Im Bereich Couture bietet sie Meisterwerke, von denen es jeweils nur ein Exemplar gibt. Im Bereich Prêt-à-porter entsteht Kleidung in kleinen Stückzahlen. Sie arbeitet beispielsweise auch für die App des Online-Händlers Otto und fotografiert dafür mit großem Aufwand die Kollektion. Und unter dem Stichwort „Privilege Club“ entsteht schließlich Maßkonfektion, die in Leipzig entworfen, aber in Portugal und Frankreich gefertigt wird. Sie näht ebenfalls außergewöhnliche Kleidung, etwa die Weste von
Friedrich Schiller fürs Museum oder eine Kopie von Kleidern aus beliebten Serien wie „Bridgerton“. Kostüme für das Mendelssohn-Haus hat sie ebenfalls bereits genäht. Sie versuche, gute Aufträge für ihr Team zu bekommen. Denn das sind alles Kunsthandwerker.

„Letztlich möchte ich meinen Kunden Unikate verkaufen, die in Farbe, Material und natürlich der Passform komplett auf sie zugeschnitten sind“, beschreibt sie ihre Philosophie. Mittlerweile gibt es zwar Dutzende Mode- und Design-Schulen in ganz Deutschland. Doch nichts gehe über ein ordentliches Handwerk. Das gelte es zu wahren, betont sie. Bei ihr wird alles von Hand und auf Maß gemacht. Das Team bietet handwerkliche Expertise – von der Beratung über die Skizzierung und Stoffauswahl bis zur Herstellung des Wunsch-Kleidungsstücks. „Wir machen Produkte, die wirklich lange halten. Das ist unser Anspruch“, sagt sie und verweist auf einen Hausmantel, der vor 25 Jahren gefertigt wurde. Verändert hat sich seitdem nur der Besitzer.

Dabei ist der Modedesignerin und Schneiderin eins klar: Mode ist und bleibt ein hartes Geschäft. Härter, als sie einst dachte. „Es ist für mich ein großes Experiment, das immer noch läuft“, betont Silke Wagler.

Stand: 06.09.2024

Bildergalerie - Wagler, Silke

Volkshochschule

Löhrstraße 3-7 | Ortsteil: Zentrum-Nord

Es ist egal, ob jemand seine Hobbys vertiefen, fremde Länder erkunden oder seine Berufschancen verbessern will: Mit nahezu 4.000 Kursen unterstützt die Volkshochschule Leipzig im Haupthaus in der Löhrstraße, in ihren Zweigstellen in Paunsdorf, Grünau, auf dem Campus Ihmelsstraße sowie an verschiedenen anderen Orten viele Ambitionen und Wünsche. Das Klischee einer von Senioren besuchten Weiterbildungsstätte, die wie bei Loriot das Jodeldiplom ablegen, ist längst widerlegt. Besonders in Leipzig, wo der Sozialdemokrat Hermann Heller 1922 eine eigene „Leipziger Richtung“ der Volkshochschulbewegung begründete.

Eine kleine Sensation in der Weimarer Republik


Am 13. März 1922 entsteht in Leipzig ein Amt für Volksbildung, das 1928 am Schleußiger Weg ein eigenes Haus bekommt. Bereits am 3. Mai 1922 beginnt das erste Semester an der Abendvolkshochschule. Das ist in jenen Jahren in der Weimarer Republik eine kleine Sensation. Leipzig leistet sich als einzige deutsche Stadt ein Amt, das sich mit Erwachsenenbildung und Kultur befasst. Ziel ist es von Anfang an, Nichtprivilegierte an Bildung und Kultur heranzuführen. Im Arbeitsplan für das erste Semester vom 3. Mai bis 1. Juli 1922 sind vielfältige Angebote zu finden. Die Bildungsstätte offeriert 138 Kurse, die von 2.617 Interessenten besucht werden. Sie beschäftigten sich mit der modernen Hygiene der Großstadt, mit Grundbegriffen der Wirtschaftslehre, mit Rechten des Arbeiters oder
Friedrich Nietzsches Zarathustra. Angeboten werden Kurse zur Geschichte des Heimatbodens, zu Gedichten, zu Geld und Kredit, zum astronomischen Weltbild und vielen anderen Themen. In jenen Jahren sind auch Volkshochschulheime beliebt.

Bis zum 5. Mai 1933 ist die Geschichte der VHS ausführlich erforscht. An diesem Tag beschließt das Lehrerkollektiv angesichts der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten die Selbstauflösung der Einrichtung. Am 15. Juni 1946 erfolgt die Neugründung. Mit Wissbegier und Enthusiasmus beginnt das erste Nachkriegssemester an der Volkshochschule, die später ins Volksbildungssystem der DDR integriert wird – mit allen ideologischen Zwängen.

1956 wird die VHS auf Beschluss des Ministerrates der DDR in eine allgemeinbildende Schule für Erwachsene umgewandelt. Eins ist aber klar: An der Volkshochschule wird auch zu DDR-Zeiten solide Bildungsarbeit geleistet, die vielen Leipzigern gute Grundlagen für ihren Berufsstart und für Freizeitaktivitäten ermöglicht. Eine „vollgestopfte“ Treppe zu Kursbeginn und die runde Uhr – dieses Bild hat sich Generationen von Menschen eingeprägt, die Kurse in der Löhrstraße besucht haben.

Nach der Friedlichen Revolution wird die VHS zunächst eine Einrichtung des Freistaates Sachsen, ab 1. Oktober 1993 dann wieder ein kommunales Amt der Stadt Leipzig. In den 1990er Jahren gilt es, gemeinsam mit dem Sächsischen Volkshochschulverband ein neues Profil zu entwickeln. Der Bereich Schulabschlüsse wird ausgegliedert, die fortan am Abendgymnasium sowie an der Abendoberschule abzulegen sind. Ziel ist es, aus der VHS ein offenes Bildungshaus zu machen, das leicht zugängliche, qualifiziert hochwertige sowie parteipolitische wie konfessionell neutrale Angebote unterbreitet. Um kurze Wege zu ermöglichen, wird dies seit 1993 auch in den beiden Großwohnsiedlungen Grünau und Paunsdorf ermöglicht.

Lebenslanges Lernen ist das Kerngeschäft


Das Kerngeschäft der Volkshochschule ist auf lebenslanges Lernen ausgerichtet. Bei der Mehrzahl aller Angebote geht es um das Erlernen handfester Grundlagen. Sprachen stehen dabei an erster Stelle. Die berufliche Qualifizierung, die Weiterbildung in Computertechnik und neuen Medien, aber auch Kurse zur Gesundheit und Ernährung stehen weit vorn. Voll im Trend sind Kochkurse, die in der neuen Lehrküche in der Löhrstraße angeboten werden.

2009/2010 erfolgt die große Zäsur. Das klassische Modell der Volkshochschule wird beendet. Letztmalig wird in Leipzig ein Programmheft gedruckt, danach die altbekannte Gliederung in Frühjahrs- und Herbstsemester aufgehoben. Die Planung wird flexibel und agil, kann seitdem auf aktuelle Entwicklungen reagieren. Die Angebote sind online zu finden, die Buchung der Kurse erfolgt größtenteils ebenfalls auf diesem Weg. Die Corona-Pandemie, während der viele Kruse nur gestreamt werden konnten, hat diese Entwicklung beflügelt. Klassische Präsenzkurse werden da von einigen Besserwissern bereits totgesagt. Doch das Gegenteil ist eingetreten: Der Run auf bestimmte Angebote ist größer denn je. Marketing spielt seitdem eine wichtige Rolle, damit die Leute regelmäßig auf die Website schauen. Das VHS-Team ist bei Stadtteilfesten mit Lerninseln vor Ort, um für die Angebote zu werben.

Neuer Bildungscampus auf Wilhelm-Leuschner-Platz geplant


Bestseller sind nach wie vor die Sprachen, aber auch der Gesundheits- und Ernährungsbereich, Entspannung und Stressbewältigung boomen regelrecht. In vielen Bereichen kann die Volkshochschule die Nachfrage gar nicht abdecken. Turnhalle und Lehrküche sind meistens ausgebucht. Neue Räume werden ab 2025 beispielsweise in der
Konsumzentrale in Plagwitz genutzt. Die Kurse „Deutsch als Fremdsprache“ sind ebenfalls voll.

Die Volkshochschule beschäftigt 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Hälfte sind Pädagogen, die 2024 genau 4.066 Kurse planten, wovon 3.386 auch tatsächlich stattfinden. Die sogenannte Durchführungsquote liegt an der VHS Leipzig bei 83 Prozent, der bundesweite Durchschnitt liegt da zwischen 60 und 70 Prozent. Mehr als 700 Kursleiter arbeiten in Leipzig freiberuflich.

Geplant ist, dass die Volkshochschule perspektivisch in den neue Bildungs- und Markthallencampus auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz integriert wird. Dort könnte die modernste Volkshochschule Deutschlands entstehen – sogar Wasserbecken sind geplant. Doch das ist Zukunftsmusik. Die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) will den Campus frühestens ab 2030 an der historischen Markthallenstraße errichten.

Stand: 17.12.2024

Tiefensee, Wolfgang

Politiker, Oberbürgermeister | geb. am 4. Januar 1955 in Gera

Die Fotos bleiben wohl ewig in Erinnerung: Leipzig setzt sich am 12. April 2003 mit seiner Bewerbung für Olympia 2012 im deutschen Vorentscheid sensationell gegen Hamburg durch. Neben dem emotionalen Bewerbungsvideo überrascht an jenem Tag der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee mit seinem Cello-Spiel. „Dona Nobis Pacem“ (Gib uns Frieden) spielt er auf dem Cello. Viele glauben an ein „zweites Leipziger Wunder“ – in Anspielung auf die Friedliche Revolution. International platzt der Olympiatraum. London erhält schließlich für Olympia 2012 den Zuschlag. Im November 2005 wechselt der SPD-Politiker nach Berlin und wird Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.

Geboren wird Wolfgang Tiefensee am 4. Januar 1955 im thüringischen Gera. Er wächst in einer sehr musikalischen Familie auf. Die ist katholisch geprägt. Der Vater ist der Komponist und Kapellmeister Siegfried Tiefensee, die Mutter eine sozial engagierte Hausfrau. Mit seinen drei Geschwistern wächst er in Leipzig auf, die Familie zieht 1958 in die Messestadt um. Der Vater übernimmt die Stelle eines Kapellmeisters am Theater der Jungen Welt.

Ein Katholik wird Bausoldat


Wolfgang Tiefensee erhält frühzeitig Instrumentalunterricht. Er ist weder Mitglied der Jungen Pioniere noch der Freien Deutschen Jugend, nimmt auch nicht an der Jugendweihe teil. Im Jahr 1973 macht er an der Erweiterten Oberschule „Georg Dimitroff“ das Abitur. Zum Studium darf er zunächst nicht. Als junger Mann gewinnt er mit dem Cello den Bachwettbewerb, lernt Gitarre und spielt in einer Band.

Tiefensee macht eine Ausbildung zum Facharbeiter für Nachrichtentechnik, verweigert 1975 aus Gewissengründen den Dienst an der Waffe in der Nationalen Volksarmee. Dort wird er schließlich Bausoldat, was durch seine religiöse Verbundenheit möglich ist. Seine Frau Gabriele heiratet er 1976, aus dieser Ehe gehen zwei Söhne und zwei Töchter hervor.

Für Freie Pädagogik am Runden Tisch


1979 kann Tiefensee dann ein Studium als Ingenieur für industrielle Elektronik an der Ingenieurschule in Görlitz abschließen und arbeitet danach im Fernmeldeamt Leipzig auf dem Gebiet Forschung und Entwicklung. Ab1986 bis 1990 wechselt er als Entwicklungsingenieur in die Sektion Elektroenergieanlagen der
Technischen Hochschule Leipzig. Er beginnt ein weiteres berufsbegleitendes Studium, erwirbt den Abschluss eines Diplom-Ingenieurs für Elektrotechnik.

Die Unzufriedenheit mit dem politischen System in der DDR nimmt zu. Tiefensee schließt sich der Opposition an. 1989 engagiert er sich erstmals politisch in der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt, die er in der Arbeitsgruppe Freie Pädagogik schließlich am Runden Tisch in Leipzig vertritt. Bildungsfragen werden schließlich sein Spezialgebiet und es ist folgerichtig, dass er 1990 zum Amtsleiter des Schulverwaltungsamtes der Stadt Leipzig gewählt wird. Leipzig braucht unbelastete Menschen, die die Kommunalpolitik steuern können. Das hat der aus Hannover kommende Hinrich Lehmann-Grube, der seit Juni 1990 Leipziger Oberbürgermeister ist, rasch erkannt.

Vom Schulamtsleiter zum Oberbürgermeister


Eine Zeitlang sitzt der Parteilose Wolfgang Tiefensee für
Bündnis 90 – damals eine Vereinigung der Bürgerrechtsgruppen – in der Stadtverordnetenversammlung. Das Mandat gibt er zurück, als er in die Verwaltung wechselt. Dort gibt es gigantische Aufgaben zu lösen – die Modernisierung maroder Schulen wird die Stadt über Jahrzehnte beschäftigen. Es gilt aber auch, ideologischen Ballast abzuwerfen, neue demokratische Schulformen zu entwickeln. 1992 folgt der nächste Karriereschritt: Das agile Rednertalent wird Stadtrat für Jugend, Schule und Bildung. 1994 wird er dann Bürgermeister und erster Stellvertreter von Hinrich Lehmann-Grube sowie Beigeordneter für Jugend, Schule und Sport. 1995 tritt Wolfgang Tiefensee in die SPD ein. Der charismatische Redner empfiehlt sich rasch für höhere Aufgaben. Seine Partei baut ihn als Nachfolger von Lehmann-Grube auf. „Wir Leipziger schaffen das!“ wird sein Wahlkampf-Slogan. Das gelingt: Am 26. April 1998 wird Tiefensee im zweiten Wahlgang für sieben Jahre zum Oberbürgermeister von Leipzig gewählt.

Tiefensee engagiert sich für die Ansiedlung von Großunternehmen in Leipzig. 1999 wird Porsche Leipzig gegründet. Im neuen Montagewerk entstehen zunächst 300 Arbeitsplätze – das ist angesichts der hohen Arbeitslosigkeit zwar nicht unbedingt viel. Doch die exklusive Marke wird zu einer Art Initialzündung. Am 7. Mai 2002 erfolgte der erste Spatenstich für das BMW-Werk Leipzig. Dabei erweisen sich die Eingemeindungen nach Leipzig als Glücksfall, da die notwendigen Flächen bereitstehen. 2004 beschließt DHL, ihr Europa-Luftfracht-Drehkreuz an den Flughafen Leipzig/Halle zu verlegen. Das bleibt zwar aufgrund des nächtlichen Fluglärms umstritten. Doch für den Wirtschaftsstandort Leipzig sind es beachtliche Erfolge, wobei die Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch bleibt. Es sind nicht allein seine Erfolge – doch er weiß sich gut zu verkaufen.

Eine Politkarriere in Berlin und Erfurt


Nach der gewonnenen Wahl 2002 will ihn Bundeskanzler
Gerhard Schröder als Minister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen nach Berlin holen. Doch der Leipziger Oberbürgermeister lehnt ab und begründet dies mit seiner starken Verbundenheit mit Leipzig sowie der Einbindung in die Olympiabewerbung. Damals entsteht in Leipzig und im Umland ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Viele Leute sind von der Kampagne unter dem Motto „One Family“ begeistert. „Jenseits vom Tagesgeschäft braucht es solche Visionen, sonst entsteht kein Aufbruch“, erinnert sich Tiefensee in Interviews an die enorme Begeisterung. In Berlin arbeitet Tiefensee in der Kommission mit, in der die Hartz-Reformen entstehen.

Bei der Oberbürgermeisterwahl am 10. April 2005 wird Tiefensee im ersten Wahlgang mit 67,1 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Ein halbes Jahr später wechselt er in die Bundesregierung, als Verkehrsminister unter Kanzlerin Angela Merkel. In der Regierung wird ihm auch die Funktion des Ost-Beauftragten übertragen. Seine Ehe mit Gabriele Tiefensee wird 2011 geschieden.

Die Aura des Besonderen, die Tiefensee in Leipzig umgeben hat, verflüchtigt sich in der Hauptstadt allerdings rasch. Der Verkehrsminister muss viel Kritik einstecken. Diverse Großprojekte, wie die Bahnreform, scheitern. Dem Aufbau Ost vermag der sozialdemokratische Hoffnungsträger aus dem Osten keine wirklichen Impulse zu geben. 2009 ist es mit der Großen Koalition vorbei. Er wird „einfacher Bundestagsabgeordneter“. Seit Juni 2012 ist er dann wirtschafts-, später auch energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. 2013 regiert die SPD wieder mit der CDU – auch da erhält er keinen Posten mehr. Tiefensee gehört dem Deutschen Bundestag bis Dezember 2014 an.

Es folgt eine Politkarriere im Freistaat Thüringen, die mit der Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten Thüringens beginnt. Er holt Wolfgang Tiefensee als Wirtschafts- und Wissenschaftsminister in sein Kabinett. Seit dem 11. März 2018 ist Tiefensee zudem Vorsitzender der SPD Thüringen.  Am 1. September 2024 wählte Thüringen seinen neuen Landtag. Die rot-rot-grüne Koalition verfehlt deutlich die Mehrheit. Minister in Erfurt bleibt er in der Übergangsregierung. In der neuen Regierung ist er nicht mehr dabei.

Stand: 14.12.2024

Bildergalerie - Tiefensee, Wolfgang

Stülpnagel, Karl Heinrich von

Restaurator, Möbelhistoriker, Heraldiker | geb. am 13. November 1960 in Hannover

Die Bedeutung des Namens von Stülpnagel bleibt wohl ein wenig im Dunkel des Mittelalters verborgen. Obwohl die Familie umfangreiche Forschungen betrieben hat, ist die genaue Herkunft des Namens nicht eindeutig geklärt. Fakt ist aber, dass es sich um ein uckermärkisches Adelsgeschlecht handelt, welches 1321 erstmals schriftlich erwähnt wird. Heute sind die Familienmitglieder weit in ganz Deutschland verstreut. In Leipzig lebt Karl Heinrich von Stülpnagel. Er ist Leitender Restaurator des Ägyptischen Museums der Universität Leipzig und zuständig für 7.000 Objekte. Außerdem ist er Vorsitzender seines Familienverbandes, dessen prominentester Vertreter Carl-Heinrich Rudolf von Stülpnagel war. Der General der Infanterie und Militärbefehlshaber in Frankreich ist am Umsturzversuch und Attentat auf Hitler von 20. Juli 1944 beteiligt und wird nach dessen Scheitern in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Das hat seinen Enkel, den jungen Karl Heinrich, sowie die ganze Familie geprägt.

Experte für gotische Truhen in Lüneburger Heide


Geboren wird Karl Heinrich von Stülpnagel am 13. November 1960 in Hannover. Dort wächst er auch auf und besucht die Freie Waldorfschule in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Vater Walter ist leitender Baudirektor und Kammerdirektor der Klosterkammer Hannover, die ehemaliges klösterliches Vermögen verwaltet. Mutter Annemarie ist im zweiten Job Kunsthändlerin. Daher wird der junge Karl Heinrich „mit Antiquitäten groß“, wie er selbst sagt, und entschließt sich 1977 nach der Schule zu einer Tischlerlehre. Er möchte Möbelrestaurator werden. Also macht er eine Ausbildung als Restaurator für Möbel und Holzobjekte.

„Möbelrestaurator bin ich allerdings nicht, da ich nicht polieren kann“, sagt er heute. Anders als in der DDR konnte man zu der Zeit im Westen Deutschlands das Restaurieren nicht studieren, nach einer Lehre folgen sechs praktische Jahre an unterschiedlichen Institutionen. Danach geht es an das niedersächsische Heidekloster Wienhausen, wo er ein Forschungsprojekt über die gotischen Truhen der Lüneburger Heide-Klöster beginnt. Das mündet in einer Monografie über die Entwicklung von Möbelkonstruktionen im Mittelalter, das zum Standardwerk wird. Danach wird er ins Museumsdorf Hösseringen, ein Freilichtmuseum bei Uelzen, abgeworben, um sich mit neuzeitlichen Truhen zu beschäftigen.

Die Werkstatt des Ägyptischen Museums


Nach Leipzig verschlägt ihn ein Zufall.
Barbara Fölber, Chefrestauratorin im GRASSI Museum für Völkerkunde, besucht nach der Friedlichen Revolution eine Tagung. Sie erwähnt beim abendlichen Plausch, dass das Ägyptische Museum in Leipzig händeringend einen Restaurator sucht, und beide tauschen ihre Visitenkarten aus. Sie erzählt Professorin Elke Blumenthal, der damaligen Leiterin des Ägyptischen Museums, davon. Diese schreibt schließlich einen Brief an von Stülpnagel und fragt an, ob er nicht die Werkstatt ihres Hauses übernehmen will. An einem dunklen, grauen und regnerischen Tag im November 1991 kommt er nach Leipzig und bleibt. Das Museum präsentiert sich zwar in keinem guten Zustand, ist jedoch gut organisiert. Schlechte Lagerzustände von Sammlungen kennt er aus den Freilichtmuseen im Westen und nimmt die Herausforderung an, Magazin und Werkstatt des Ägyptischen Museums völlig neu aufzubauen sowie eine Generalinventur des Bestandes vorzunehmen. Universitäts-Kanzler Peter Gutjahr-Löser reist persönlich nach Dresden, um den neuen Restaurator einstellen zu können. Nach Umstrukturierung von Fakultäten der Universität Leipzig muss das Ägyptische Museum im Jahr 2000 aus der Schillerstraße 6 ausziehen – zunächst ins Interim in der Burgstraße 8. Das erfordert viel Aufwand und eine gute Logistik. Dabei müssen auch jene Objekte bewegt werden, die eigentlich gar nicht transportfähig sind. Sein endgültiges Domizil findet das Museum im Krochhochhaus am Augustusplatz.

Mit den Ausstellungsobjekten auf Reisen


Das Museum verfügt schon seit 1994 über ein Schaudepot, in dem alle Objekte zugänglich sind. Deshalb müssen alle aufstellbar sein, was dem Restaurator viel Arbeit beschert. Ägyptologie hat ihn eigentlich nie interessiert. Damit kokettiert Karl Heinrich von Stülpnagel stets: „Ein Zahnarzt interessiert sich für die Zähne eines Menschen, nicht für die Psyche. Das ist ein anderer Job“, sagt er. Er wiederum kümmere sich um restauratorische, konservatorische und museologische Aufgaben eines Objektes. Wer es aus welchem Grund in welcher Epoche benutzt hat, sei jedoch Sache der studierten Ägyptologen. Er wiederum sei für die richtige Lagerung, die Konservierung und gelegentlich das Zusammensetzen eines zerstörten Objekts zuständig. Und für den Leihverkehr.

Das Ägyptische Museum nutzt seine Sammlung, um Objekte bei Sonderschauen auch außerhalb Leipzigs zu zeigen. So hat sich eine gute Kooperation mit dem Náprstek Museum der asiatischen, afrikanischen und amerikanischen Kultur entwickelt, das zum Nationalmuseum Prag gehört. Von Stülpnagel entscheidet, ob ein Transport überhaupt zu verantworten ist. Bei einem Großteil der Objekte ist dies ohnehin ausgeschlossen und bereits in den Sammlungsunterlagen vermerkt. Außerdem handelt der Restaurator und Möbelhistoriker gemeinsam mit der Rechtsabteilung der Universität Leipzig den Leihvertrag aus, legt fest, wie die klimatischen Bedingungen und das Licht bei der Präsentation sein müssen. Zu allen Leihstationen reist er zum Schutz der Leihgaben mit. Bei der Übergabe wird der Zustand des Objektes dokumentiert und fotografiert. Das kann auch mal länger dauern, wenn die Ausstellung noch nicht genügend vorbereitet, die Vitrinen nicht geeignet sind.

Aktiv in Forschung und Lehre der Universität


Zunächst wollte von Stülpnagel höchstens fünf bis sieben Jahre in Leipzig bleiben. Doch die Universität Leipzig gibt ihm die Möglichkeit, in Lehre und Forschung mitzuarbeiten und selbst zu unterrichten. Etwa bei Möbel-Seminaren am Institut für Kunstgeschichte der Universität Leipzig, aber auch bei den Museologen an der
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK). Heraldik – auch ein Steckenpferd – unterrichtet er ebenfalls. „Wappen haben mich immer interessiert“, bekennt er. Der Experte für Heraldik hat auch ein Buch über die Epitaphe der Martin-Luther-Kirche in Markkleeberg-West geschrieben.

In die altägyptische Möbelkunde arbeitet er sich ebenso ein und bezieht auch bei wissenschaftlichen Diskussionen klare Positionen. Etwa bei der Frage, ob mumifizierte menschliche Körper überhaupt ausgestellt werden dürfen. Von Stülpnagel findet, dass Museen nicht das Recht haben, sich über religiöse, ethische und moralische Vorstellungen Verstorbener hinwegzusetzen und menschliche Überreste auszustellen. Das gelte auch für die alten Ägypter. Darüber hat er viele Vorträge gehalten. Und sich intensiv mit Gunther von Hagens gestritten, als der seine „Körperwelten“ präsentierte.

Ein Allgemeinmediziner greift auf Experten zurück


In den letzten Jahren restaurierte Karl Heinrich von Stülpnagel kaum noch selbst. Die Sammlung ist ohnehin in einem guten Zustand. Zudem hat er in den letzten drei Jahrzehnten ein Netzwerk mit restauratorischen Fachhochschulen und Akademien aufgebaut, die bei Bedarf kostengünstig Aufgaben an den Lehrobjekten übernehmen. „Ich vergleiche mich mit einem Allgemeinmediziner, der seinen Patientenstamm kennt und maximal Mandeln entfernt oder einen Blinddarm operiert. Den Rest übernehmen die Experten auf dem jeweiligen Gebiet“, erklärt er.

Momentan wird die Sammlung des Ägyptischen Museums durch ein modernes Computerprogramm datenmäßig neu erfasst – das ist eine zweite Generalinventur nach der Wende. Und von Stülpnagel, der so wie kaum ein anderer die Sammlung gut kennt, ist mittendrin. 2025 verabschiedet er sich in den Ruhestand, wird sich allerdings nicht wirklich zur Ruhe setzen. Weitere Projekte folgen – auch mit Wappen. Von Stülpnagel lebt mit Ehefrau Angelika, eine gebürtige von Arnim, in Markkleeberg. Das Paar ist seit 1995 verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter.

Stand: 05.08.2024

Bildergalerie - Stülpnagel, Karl Heinrich von

Stadtbad Leipzig

Eutritzscher Straße 21 | Ortsteil: Zentrum-Nord

Herren, Damen, Hunde – sie alle dürfen ab 1916 das neue Hallenbad in der Eutritzscher Straße nutzen. Mit der Undosa-Wellenanlage konnte das Wasser im Herrenbecken sogar künstlich aufgeschaukelt werden. So entstehen bis zu ein Meter hohe Wellen. Leipzig hat mit seinem nach dreijähriger Bauzeit eröffneten Stadtbad damals das erste Wellenbad Europas. Rasch wird es weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Geschwommen wird dort allerdings inzwischen nicht mehr. Der einstige Glanz ist längst verflogen, die Fassade bröckelt. Im Januar 2004 stürzt in der Großen Halle ein 10-Kilo-Brocken von der Decke ins Wasser – der Badebetrieb wird eingestellt. Nur die beiden Saunen bleiben etwas länger auf. Im Juli 2004 ist dann endgültig Schluss. Der Sanierungsstau ist riesig.

Die Förderstiftung Leipziger Stadtbad, gegründet von Mitarbeitern der Leipziger Wasserwerke, hält das historische Denkmal seit 2006 mit diversen Veranstaltungen am Leben. Ziel ist es, das Stadtbad wiederzueröffnen. In welcher Form wird im Auftrag des Leipziger Stadtrates derzeit noch untersucht. Fakt ist aber, dass die Stadt Leipzig mindestens 80 Millionen Euro in ihr denkmalgeschütztes Gebäude investieren muss. Die Bausubstanz ist zwar in einem guten Zustand, wie jüngste Untersuchungen bestätigen. Jährliche Kosten für den künftigen Betrieb als Schwimmbad sowie Veranstaltungssaal kommen aber hinzu. Vergessen haben die Leipziger ihr Stadtbad nicht. Das Interesse an Führungen durch das Haus ist stets groß.

Leipziger Löwen zieren den Eingang


Entworfen hat die repräsentative Dreiflügelanlage der Leipziger Architekt und Stadtbaurat
Otto Wilhelm Scharenberg. Der Grundstein wird am 15. März 1913 gelegt. Der architektonische Aufwand am Gebäude mit den Arkaden und Säulen um die Schwimmbecken ist enorm. Trotzdem wird alles pünktlich nach dreijähriger Bauzeit 1916 fertig. Der Bau kostet 1,7 Millionen Mark. Im Giebelfeld der zurückgesetzten Eingangsfront sind zwei große, als Relief dargestellte Löwen zu sehen, die das Leipziger Stadtwappen darstellen. Vor dem Haus ist ein Ehrenhof entstanden. Schon die Eingangshalle mit den Kassenhäuschen ist repräsentativ. Männer und Frauen mussten sich damals noch in getrennten Schwimmhallen vergnügen und konnten sich in den römisch nachempfundenen Thermenlandschaften in andere Zeiten träumen.

Eigentlich wird das Haus in dieser Dimension gebaut, um im Zeitalter der Industrialisierung und knapper Wohnräume Angebote zu haben, die die Hygiene der Bevölkerung verbessern helfen. Eigene Bäder können sich nur ganz wenige leisten. Viele Menschen müssen die Flüsse nutzen, um sich zu reinigen. Die Stadt weist dafür extra von Flussfischern bewachte Badestellen aus. Doch das reicht nicht, ist vor allem im Winter keine Lösung. Deshalb entstehen in Leipzig diverse Wannen- oder Brausebäder. Das Stadtbad verfügt über hunderte Badewannen. Repräsentative in Räumen mit Tageslicht für die Betuchten, andere spartanisch eingerichtet in den Kellerbereichen. „Bis zur Schließung 2004 sind Menschen regelmäßig in die Wannenbäder gekommen“, erklärt Maria Artmann von der Förderstiftung Stadtbad bei einer Führung. Im Stadtbad gibt es auch eine Vielzahl von medizinisch-therapeutischen Angeboten, wie Schwitzbäder, einen orthopädischen Turnsaal, galvanische Bäder sowie ein Inhalatorium, das zugleich als Lesesaal genutzt wird. Interessant sind die Regelungen rund um das Hundebad, in das nur ersichtlich gesunde und seuchenfreie Tiere hineindürfen. Die Besitzer sind für die Sauberkeit der Hunde verantwortlich, müssen bei Verunreinigungen Gebühren errichten. Das Hundebad hat getrennte Warteräume für Mensch und Tier, es gibt auch Zwinger. Später wird jener Bereich als Therapiebecken für Kinder genutzt.

Sauna im maurischen Stil ist Herzstück


Ein Herzstück der Badeanstalt ist eine der beiden Saunen, die im maurischen Stil entstanden ist. Prächtige Säulen und Bögen, filigrane Muster mit Goldverzierungen und dekorative Wandmosaiken vermitteln hier viel orientalisches Flair. Hartnäckig hält sich das Gerücht, das die DDR-Filmfirma DEFA hier ihren Filmklassiker „Der kleine Muck“ gedreht hat. Das stimmt aber nicht. 2012 entstehen hier Szenen des ARD-Zweiteilers „Baron Münchhausen“ mit
Jan Josef Liefers. Fotografen nutzen die Sauna mit ihren Models ebenfalls regelmäßig. Das schafft Einnahmen für die Förderstiftung, um das Gebäude zu erhalten und künftig auszubauen. Die Sauna ist 1988 vom damaligen VEB Denkmalpflege akribisch restauriert worden.

Die Sanierung des Stadtbads lässt auf sich warten. Wenigstens das Dach ist inzwischen neu. Bomben haben im Zweiten Weltkrieg die Kuppel zerstört und das Dach der Männerschwimmhalle beschädigt. Das wird nach Kriegsende zwar repariert. Doch die Mängel am Haus werden Jahr für Jahr größer – notwendige Arbeiten immer wieder hinausgeschoben, bis eine Gefährdung der Badegäste zur Schließung führt. Erst die Förderstiftung schafft es, 2011 das Dach energetisch zu sanieren und den Turm wieder aufzubauen. Möglich wird dies durch das Konjunkturpaket II der Bundesregierung, Zuschüsse der Stadt Leipzig und viele Spenden.

Männerschwimmhalle wird zur Eventlocation


Um Teilbereiche des Hauses zu öffnen, wird die alte Männerschwimmhalle zur Eventlocation umgebaut – für
PASSION – die Dinnershow im Stadtbad, Abibälle oder Jugendweihen. Parallel versucht das Liegenschaftsamt der Stadt Leipzig jahrelang, die Immobilie zu verkaufen, findet aber keinen geeigneten Investor. Der Stadtrat stoppt schließlich den Verkauf des Traditionsbades. Es bleibt im Eigentum der Stadt und soll perspektivisch als Sportstätte betrieben werden.

Für eine vertiefte Machbarkeitsstudie werden 250.000 Euro freigegeben. Das Planungsbüro Sahlmann & Partner untersucht zwei Nutzungsvarianten. Die erste sieht vor, beide Schwimmhallen und die Saunalandschaft wieder in Betrieb zu nehmen. Die Sportbäder Leipzig GmbH könnte im Gebäude untergebracht werden. In der zweiten Variante würden nur die Frauenschwimmhalle und der Saunabereich wieder öffnen. Der auf dem Männerschwimmbecken entstandene Eventbereich bleibt demnach erhalten. Wann die Entscheidung über die Zukunft des Stadtbades fällt, ist derzeit offen. Momentan liegt dem Stadtrat kein Betreiberkonzept vor.

Stand: 10.04.2024

Bildergalerie - Stadtbad Leipzig

Historisches Bildmaterial - Stadtbad Leipzig

St. Bonifatius-Kirche

Biedermannstraße 86 | Ortsteil: Connewitz

Der Küster muss mit dem Leiterwagen in einen Kinosaal in die Bornaische Straße 3c in Connewitz fahren, um einen Altar aufzubauen. Nur so kann die Katholische Gemeinde im Kino, das der Volksmund mit Augenzwinkern nach dem Stummfilmstar Asta-Nielsen-Kapelle nennt, vom 23. Januar 1921 an regelmäßig ihren Gottesdienst feiern. Die Gemeinde ist mit der Industrialisierung, die um die Jahrhundertwende auch Katholiken aus anderen Gegenden Deutschlands auf der Suche nach Arbeit und Brot nach Leipzig bringt, ziemlich gewachsen. Für den Bau einer eigenen Kirche fehlt den in vielen sozialen Vereinen organisierten Gläubigen das Geld. Die Stadt Leipzig hingegen hat kein Interesse, den Bau von katholischen Gotteshäusern zu fördern.

Kirche entsteht als Kriegergedächtnisort


Da kommt unerwartet aus dem fernen Essen Unterstützung. Dort ist der Verband Katholisch-Kaufmännischer Vereinigungen (KKV) ansässig. Und er beschließt, seinen etwa 1.500 im Ersten Weltkrieg gefallenen Verbandsmitgliedern eine Gedächtniskapelle zu stiften. Dabei fällt die Wahl auf die alte Handelsstadt Leipzig und den Stadtteil
Connewitz. Die Kirche erwirbt ein Villen-Grundstück mit Park zwischen der Biedermannstraße und der Prinz-Eugen-Straße.

Im Gelände entstehen die als Diasporapfarrkirche und Kriegergedächtnisort gestaltete St. Bonifatius-Kirche sowie das Krankenhaus St. Elisabeth. Im Jahr 1928 schreibt der KKV (heute: Verband der Katholiken in Verwaltung und Wirtschaft) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst in München einen Wettbewerb aus, an dem sich alle katholischen Architekten des Landes beteiligen können. 240 Entwürfe werden daraufhin eingereicht. Den Zuschlag erhält der Architekt Theodor Burlage aus Osnabrück, dem die Jury eigentlich nur den dritten Platz zugesteht. Doch die Delegierten des Verbandes entscheiden sich für Burlage. Schon die äußere Form seiner Kirche ist außergewöhnlich: Neben einem runden Baukörper entsteht ein Turm mit quadratischem Grundriss.

Ein Bauwerk des Art déco


„Er achtet die kirchliche Tradition, schafft aber eine moderne Architektur für einen Stadtteil, der kaum christlich geprägt war und ist“, erzählt Gemeindemitglied
Stephan Radig, der gemeinsam mit Stephan George eine neue Broschüre über die Geschichte der Kirche vorgelegt hat.

Geweiht wird die in ihren Formen klar strukturierte St. Bonifatius-Kirche am 18. Januar 1930. Fachleute werten sie als einen der wichtigsten katholischen Kirchbauten zwischen den Weltkriegen in Mitteldeutschland. Das Gotteshaus ist ein herausragendes Bauwerk des Art déco und braucht sich gegenüber dem Grassimuseum am Johannisplatz mit der berühmten Pfeilerhalle nicht zu verstecken. Das ist ebenfalls ein Art-déco-Bauwerk.

Der Hauptzugang der Kirche, die sich in einen Zentralraum und den Turm gliedern lässt, erfolgt aus Richtung Biedermannstraße. Über dem Eingang befindet sich ein Rundfenster, das den heiligen Bonifatius, den Kirchenpatron zeigt. Glasmaler Theo M. Landmann hat es geschaffen. Der Hauptraum wird von einem geschnitzten Bild des Gekreuzigten dominiert, das den Altar mit der goldenen Kuppel verbindet. An der historischen Kanzel befinden sich zwei geschnitzte Bilder aus Eichenholz, die die Auferstehung Jesu zeigen.

Toter Soldat wird beweint


Besonders markant ist der Turm, der auf rechteckigem Grundriss die übrigen Baukörper überragt. Im Turm befinden sich die vier Glocken. Ursprünglich ist hier eine Gedenkstätte für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Mitglieder des Verbands Katholisch-Kaufmännischer Vereinigungen untergebracht. Bestimmend ist zunächst die überlebensgroße Skulptur „Der tote Soldat“, die an die Gefallenen erinnert. Doch der Soldat wird später in der Erde versenkt, an ihrer Stelle der Tabernakel untergebracht. Der Zugang zum Gedächtnisraum wird von Heiligen bewacht. In der unteren Reihe sind Figuren aus dem Alten Testament zu sehen.

Der Gedächtnisort für den toten Soldaten befindet sich zusammen mit dem überdimensionalen Kruzifix vor der Altarwand. Das schmale Fenster im Kriegergedächtnisraum haben Albert Burges und Wolf-Dietrich Stein entworfen: Auf der Höhe der Trauernden wird auch im Kapellenfenster der tote Soldat beweint und dann von Engeln emporgehoben. Darüber steht der Pelikan, der sich – gleichsam als Sinnbild Christi – selbst für seine Jungen opfert.

Das Gotteshaus ist ein bemerkenswertes Frühwerk des Architekten Theodor Burlage. Schon im Jahr 1930 stellt er den Altar in das Rund des Gemeinderaumes. Er präsentiert seinen Bau sogar 1933 auf der Weltausstellung in Chicago (USA). Der Innenraum des Gotteshauses ist, vor allem nach Kriegsschäden und im Zuge der Liturgiereform, mehrfach verändert worden.

Historische Kirchenfenster werden rekonstruiert


So wird der auf Wände der Seitenkapellen ursprünglich gemalte Kreuzweg ein Opfer von Nässeschäden. 1959 wird er durch Plastiken des Dresdener Künstlers
Friedrich Press ersetzt. Eine Fliegerbombe, die das benachbarte St.-Elisabeth-Krankenhaus trifft, zerstört alle Fenster. Nur das runde Bonifatius-Fenster mit dem Namenspatron bleibt verschont. Die kaputten Fensteröffnungen werden in der Nachkriegszeit durch eine einfache Bleiverglasung ersetzt. Sonnenlicht kann nicht mehr durch die bunten Fenster einfallen, dadurch geht die Stimmung im Innenraum verloren. Das ändert sich erst nach der Friedlichen Revolution. Nach alten Fotos und den originalen Entwürfen können die Fenster im Turm, hinter dem Kreuz und in der Taufkapelle rekonstruiert werden. Seitdem reflektiert auch die Kuppel das Licht wieder durch Blattgold.

Mitte der 1990er Jahre wird das Mauerwerk der Kirche trockengelegt und ihr Putz erneuert. In den Jahren 2004/2005 wird der Innenraum renoviert und umgestaltet. Zur St. Bonifatius-Kirche gehört eine lebendige katholische Pfarrei, der im Leipziger Süden etwa 5.200 Katholiken angehören. Das Gebiet der Gemeinde erstreckt sich von Connewitz über Markkleeberg, Zwenkau und Böhlen bis nach Pegau.

Stand: 12.05.2024

Bildergalerie - St. Bonifatius-Kirche

Historisches Bildmaterial - St. Bonifatius-Kirche

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