Universitätsbibliothek (Bibliotheca Albertina)

Beethovenstraße 6 | Ortsteil: Zentrum-Süd

Die Universitätsbibliothek wurde von 1887 bis 1891 nach Plänen von Arwed Rossbach im Stil der italienischen Hochrenaissance erbaut. Sie gehört zu den ältesten deutschen Universitätsbibliotheken und umfasst einen Bestand von mehr als 5,5 Millionen Medieneinheiten und etwa 6.500 Zeitschriften.

Von der Bibliotheca Paulina zur Bibliotheca Albertina


In unmittelbarer Nachbarschaft zum
Bundesverwaltungsgericht erhebt sich der beeindruckende Bau der Universitätsbibliotek, auch „Bibliotheca Albertina“ genannt. Gemeinsam mit dem für das Gewandhausorchester errichteten Neuen Gewandhaus, dem Konservatorium und der Kunstgewerbeschule bildete sie das Zentrum des neu entstandenen Musikviertels. 

Die Wurzeln der Universitätsbibliothek reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Im Jahr 1543 wurde die Bibliotheca Paulina als erste Bibliothek der Universität Leipzig gegründet und im Paulinerkloster auf dem Augustusplatz untergebracht. Durch den stetigen Wachstum der Buchbestände auf mehr als 250.000 Bände entwickelte sich die Universitätsbibliothek bis Ende des 19. Jahrhunderts zur umfangreichsten ihrer Art in Deutschland. Um ihrer Größe und Bedeutung gerecht zu werden, wurde im Juni 1885 ein Wettbewerb zur Gestaltung eines repräsentativen Bibliotheksgebäudes im neu entstanden Musikviertel ausgeschrieben. Durch das Handels- und Messewesen hatte sich Leipzig Mitte des 19. Jahrhunderts zur Großstadt entwickelt, so dass die Vorstädte ab 1871 für die Errichtung von repräsentativen Bauten mit einbezogen wurden. Als letztes Vorstadtviertel der Gründerzeit entstanden im Musikviertel neben imposanten Villen für das Leipziger Großbürgertum auch bedeutsame öffentliche Kultur- und Justizbauten im Stil des wilhelminischen Historismus. Die neue Universitätsbibliothek sollte gegenüber des zwischen 1882 und 1884 erbauten prachtvollen Neuen Gewandhauses in der Beethovenstraße entstehen. Der in der Dresdner Tradition Gottfried Sempers und Hermann Nicolais stehende Architekt Arwed Rossbach ging aus den 34 eingereichten Konzepten mit seinem Entwurf „Philadelphos” als Sieger hervor. Nach vierjähriger Bauzeit wurde das Bibliotheksgebäude am 24. Oktober 1891 zu Ehren des obersten Dienstherrs der Universität Leipzig sowie dem regierenden sächsischen König Albert als Bibliotheca Albertina eingeweiht. Die Universitätsbibliothek, die etwa 800.000 Bände beherbergte und rund 150 Lesern Platz bot, gilt als Rossbachs bedeutendstes Werk.

Von der Kriegsruine zum klimatisierten Bücherpalast


Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Universitätsbibliothek durch einen Bombenangriff am 6. April 1945 zu zwei Dritteln zerstört. Besonders betroffen waren der Mitteltrakt mit dem großen Lesesaal, das repräsentative Treppenhaus sowie große Teile des Süd- und Ostflügels. Die wertvollen Buchbestände waren zuvor in Schlössern im Raum Leipzig und in den Katakomben des
Völkerschlachtdenkmals sicher untergebracht worden, so dass die Universitätsbibliothek kaum Verluste hinnehmen musste. Bereits wenige Monate nach der Zerstörung wurde das ruinöse Gebäude durch eine provisorische Sicherung wieder nutzbar gemacht und die Bücher wurden aus Raumnot zunächst im Keller gestapelt. Etwa 40.000 Bände galten als verschollen oder wurden von der Roten Armee beschlagnahmt und abtransportiert. Obwohl es seit 1956 zahlreiche Pläne für den Wiederaufbau gab, wurden die notwendigen Gelder erst ab 1990 durch die Volkskammer der DDR zur Verfügung gestellt. Ab 1992 begann die Sanierung, die das Architekturbüro HJW + Partner plante.

Bei fortlaufendem Betrieb erfolgte zunächst die Rekonstruktion des Ostflügels und die Sanierung des Treppenhauses. Das äußere Erscheinungsbild der Bibliotheca Albertina wurde unter Anpassung der inneren Struktur an die veränderten Anforderungen eines modernen Bibliotheksbetriebs vollständig wiederhergestellt. Die durch den rasant gewachsenen Buchbestand erforderlichen Erweiterungen wurden maßgeblich durch die Einbeziehung der ehemaligen Innenhöfe erreicht: Durch die Überdachung des Posthofs und des Kohlenhofs wurden zwei moderne Lesesäle mit großflächigem Areal für Freihandliteratur sowie Magazinbereichen in den darunterliegenden Stockwerken geschaffen. Nach zehnjähriger Bauphase von 1992 bis 2002 wurden die Wiederaufbau- und Sanierungsarbeiten abgeschlossen. Heute umfasst die Universitätsbibliothek als eine der ältesten Bibliotheken Deutschlands rund 960 Arbeitsplätze, einen Bestand von über 5,5 Millionen Medieneinheiten und etwa 6.500 Zeitschriften.

Italienische Kunst und Architektur trifft auf geballtes Wissen


Die Universitätsbibliothek präsentiert sich heute als monumentale Vierflügelanlage mit einer 107 Meter langen Sandsteinfassade, welche Elemente der italienischen Hochrenaissance und der barocken Schlossbaukunst Frankreichs vereint. Die mit korinthischen Kapitellen gestalteten Kolossalsäulen tragen das fünfachsige Mittelrisalit. Der Rustikasockel umfasst das Souterrain und die Hochparterre, während die Obergeschosse durch ein kantiges Gesims optisch abgesetzt sind. Das Mittelrisalit ist mit einer reich gestalteten Attika mit vier von
Arthur Trebs geschaffenen Figuren gestaltet, welche die vier Fakultäten Theologie, Philosophie, Rechtswissenschaft und Medizin verkörpern. Zwei darüber stehende Wappenhalter präsentieren das Universitätssiegel. Die zwischen den versinnbildlichten Fakultäten liegenden Reliefs stammen vom Bildhauer Adolf Lehnert, der auch die Porträtmedaillons an den Seitenrisaliten schuf. Diese zeigen Michelangelo, Albrecht Dürer, Johannes Otto von Münsterberg, den Gründungsrektor der Universität, und Caspar Borner, den ersten Bibliothekar. Unterhalb der Medaillons befanden sich einst acht überlebensgroße Statuen, welche von Werner Stein und Melchior zur Strassen geschaffen wurden. Heute sind noch die am linken Seitenrisalit befindlichen Standbilder von Friedrich dem Streitbaren, dem Gründer der Universität 1409, und dem Kurfürsten Moritz von Sachsen erhalten. Das Eingangsportal ist mit drei Rundbogenportalen, vergitterten Oberlichtern und reich ornamentierten Metalltüren gestaltet. Die drei Köpfe in den plastisch ausgearbeiteten Schlusssteinen der Eingangsbögen verkörpern die Schönheit, Weisheit und Stärke und wurden vom Berliner Bildhauer Josef Kaffsack geschaffen. In der Freimaurerei gelten diese als die drei tragenden Säulen im Ritual. 

Das Eingangsportal führt in das lichtdurchflutete repräsentative Marmortreppenhaus mit umlaufender Galerie und hohen Rundbogenarkaden. Tageslicht fällt durch das gläserne Dach, was die weißen ionischen Säulen aus Marmor und Naturstein noch strahlender erscheinen lässt. Von der breiten zweiflügeligen Haupttreppe aus, die zu den Lesesälen hinauf führt, präsentiert sich vor dem früheren Eingang zum großen Lesesaal die illusionistisch angelegte, dekorative Kuppelausmalung vom Leipziger Maler Richard Hesse im Stil des Giulio Romano. Diese wurde originalgetreu rekonstruiert, während auf die einstige polychrone Ausmalung der Wandflächen und Kuppeln verzichtet wurde. In den ehemaligen und nunmehr überdachten Innenhöfen befinden sich zwei Lesesäle als Freihandlesebereiche. Neben dem „Alten Hauptlesesaal”, der optisch an sein berühmtes kreisrundes Vorbild im British Museum in London erinnert, ist insbesondere der Lesesaal im Hof West beeindruckend: Eine spezielle Stahl-Glas-Konstruktion, die den Saal zur Decke hin abschließt, durchflutet diesen mit Licht.

Im Foyer der Bibliothek führt ein Wandelgang zum Café Alibi, welches den Studenten tagsüber zum Verweilen dient und abends häufig für Veranstaltungen genutzt wird. Im Wandelgang befindet sich eine Fotogalerie, die die Geschichte der Bibliotheca Albertina dokumentiert. Seit Mai 2021 ist der unter der Haupttreppe gelegene Schauraum „Papyrus Ebers“ Teil der Dauerausstellung. Bei dem über 18 Meter langen Papyrus Ebers handelt es sich um die längste und einzig vollständig überlieferte Schriftrolle altägyptischer Heilkunde.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Universitätsbibliothek (Bibliotheca Albertina)

Historisches Bildmaterial - Universitätsbibliothek (Bibliotheca Albertina)

Thomaskirche

Thomaskirchhof 18 | Ortsteil: Zentrum

Die 1212 als Klosterkirche für die Augustiner-Chorherren erbaute Thomaskirche zählt zu den bedeutendsten spätgotischen Hallenkirchen in Sachsen. Als Wirkungsstätte Johann Sebastian Bachs und des Thomanerchors sowie durch Martin Luthers Predigt zur Einführung der Reformation in Sachsen 1539 erlangte die Thomaskirche große Bekanntheit und gilt weltweit als bedeutendes Zentrum kirchlicher Musik. Vor dem Südportal der Thomaskirche befindet sich das von Carl Seffner 1908 errichtete bronzene Bach-Denkmal.

Vom mittelalterlichen Chorherrenstift zur spätgotischen Hallenkirche


Die Anfänge der Thomaskirche reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück. Ausgrabungen zufolge stand an heutiger Stelle bereits eine dreischiffige Pfeilerbasilika. Im Jahr 1212 veranlasste der Wettiner Markgraf Dietrich von Meißen den Bau eines Augustiner-Chorherrenstifts, was unter den nach Unabhängigkeit strebenden Leipzigern für Proteste sorgte. Zum Zeichen des Widerstands gegen den Bau des Klosters zerstörten die Bürger nachts das, was die Kirchen- und Klosterbauherren tagsüber aufgebaut hatten. Trotz der Unwägbarkeiten wurden die 1212 beschlossenen Umbaumaßnahmen der Stiftskirche St. Thomas 1222 abgeschlossen. Der Überlieferung nach soll der Minnesänger Heinrich von Morungen anlässlich der Übergabe der Kirche eine Reliquie des Heiligen Thomas aus Indien übergeben haben. Später wurde die von der Vorgängerkirche übernommene Bausubstanz sukzessive verändert. Den Chorraum baute man im spätromanisch-frühgotischen Stil um und vergrößerte ihn, wovon der noch heute erhaltene spitzbogige Triumphbogen aus Backstein und Sandstein sowie Teile der Außenwände an der Nordseite des Chores zeugen. Nach einer erneuten Vergrößerung Mitte des 14. Jahrhunderts im hochgotischen Stil erhielt der Kirchenteil seine endgültige Ausprägung.

Das heutige Bild der Thomaskirche wird durch das zwischen 1482 und 1496 unter Leitung von Claus Roder und Konrad Pflüger neu erbaute Hallenlanghaus im spätgotischen Stil geprägt, welches das romanische Kirchenschiff ersetzte. Das Kreuzrippengewölbe aus Rochlitzer Porphyr ist noch heute im Original erhalten. Das 39 Meter lange und 25 Meter breite Kirchenschiff mit 14 Meter hohen Pfeilern erforderte durch seine Länge eine Verlegung der Stadtmauer nach Westen. In der wirtschaftlich aufstrebenden Messestadt entstand eine der bedeutendsten spätgotischen Hallenkirchen in ganz Sachsen, die am 10. April 1496 vom Merseburger Bischof Tilo von Trotha feierlich eingeweiht wurde. Seither läutet vom Glockenturm die 1477 gegossene und von Nikolaus Eisenberg gravierte Hauptglocke „Gloriosa“ – die älteste Glocke Leipzigs – als eine der insgesamt vier Glocken.

Luther und die Verkündung der Reformation


Weit über die Landesgrenzen bekannt wurde die Thomaskirche mit der hier am 25. Mai 1539 von Martin Luther gehaltenen Pfingstpredigt zur Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen. Daran erinnert bis heute die an einer Säule im Mittelschiff neben der Kanzel angebrachte Gedenktafel zur Einführung der Reformation. Durch die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen und gottesdienstlichen Bedürfnisse wurden 1570/71 unter der Leitung von Hieronymus Lotter steinerne Renaissance-Emporen an den Längsseiten der Kirchenschiffe errichtet und die Westseite um ein Joch hervorgezogen.

Die 1553 südlich der Thomaskirche und entlang der Stadtmauer erbaute Thomasschule zählt zu einer der ältesten in ganz Deutschland. Mit der Reformation wurde auch dem Thomanerchor zunehmende künstlerische Bedeutung zuteil und die Schule und der Chor kamen unter die Trägerschaft des Stadtrates. Bemerkenswert war, dass die Stadt Leipzig als weltliche Institution den überwiegend geistlich wirkenden Chor finanzierte.

Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts wurden das Kircheninnere barock umgestaltet und seit 1661 mehrere Privatkapellen angebaut. Darunter befindet sich eine für das Ehepaar Wiedebach errichtete Kapelle. Apollonia von Wiedebach galt als bedeutendste Stifterin für die Stadt Leipzig und Anhängerin der Reformation. Die Nordseite der Kirche wurde nach Entwürfen von Johann Gregor Fuchs mir einem zweigeschossigen Anbau versehen. Fuchs ist auch das heutige Erscheinungsbild des 68 Meter hohen Kirchturms zu verdanken, der 1702 mit einer barocken Turmhaube und einer Laterne mit Wetterfahne, die eine von einem Stern umkreiste Sonne zeigt, bekrönt wurde. Der Chor und die Sakristei wurden 1802 unter der Leitung von Johann Friedrich Carl Dauthe instandgesetzt. 1806/07 diente die Thomaskirche zwischenzeitlich als französisches Militärmagazin und wurde während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 als Lazarett genutzt. An diese Zeit erinnert noch heute eine am Turmumgang angekettete Kanonenkugel, die damals auf dem Dachboden einschlug. Im Zuge des Umbaus unter Johann Wilhelm Constantin Lipsius zwischen 1884 und 1889 wurde die barocke Gestaltung der Kirche weitgehend durch die Neogotik ersetzt.

Der berühmte Director musices


Das Wirken Johann Sebastian Bachs in Leipzig begründete zweifelsohne den Weltruhm des Kantorats und machte die Stadt zum Zentrum protestantischer Kirchenmusik. Bach übte zwischen 1723 und 1750 das Amt als Director musices und Kantor der Nikolaikirche und Thomaskirche aus. Dem damals noch unbedeutenden Thomanerchor verhalf er zum heutigen Weltruhm und schrieb in Leipzig seine bedeutendsten Werke, darunter das Weihnachtsoratorium, die h-Moll-Messe, die Johannes- und Matthäus-Passion und mehr als 300 Kirchenkantaten, die in der Thomaskirche uraufgeführt wurden.

Bachs Orgelklänge tönen noch heute…


Beim äußerlichen Betrachten der Thomaskirche fällt insbesondere das Dach auf. Bei dem steilen Firstwinkel von 62 Grad handelt es sich um eine architektonische Meisterleistung und um eines der steilsten Giebeldächer Deutschlands. Dank dieser Konstruktion, die auf Erfahrungen aus dem Festungsbau zurückging, wonach Feuerkugeln nicht einschlugen sondern abglitten, überstand die Thomaskirche die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg vergleichsweise unbeschadet. Das von einem Kreuzrippengewölbe überdachte Langhaus wurde im Zuge seiner Restaurierung in den 1960er Jahren der ursprünglich hellroten Farbgebung des 15. Jahrhunderts wieder angepasst. Der gut sichtbare Knick zwischen Langhaus und Chor weist auf den romanischen Ursprung der Thomaskirche hin. Die Orgelempore, wo der Thomanerchor seinen Platz hat, ist mit zwei großen Orgeln ausgestattet. Die ältere wurde von Wilhelm Sauer zwischen 1885 und 1889 erbaut und zählt mit den 88 Registern zu seinen größten und bekanntesten Bauten. Anlässlich des Bachjahres 2000 wurde die viermanualige Bach-Orgel von Gerald Woehl ergänzt. Die Thomaskirche zählt europaweit zu den Stätten mit dem nachweislich frühesten Orgelgebrauch im Gottesdienst. Der „Orgelgesang“ wurde bereits 1384 für eine Marienmesse dokumentiert, was bestätigt, dass schon 1212 mit der Begründung des Thomasstifts eine frühzeitige Musikpflege betrieben wurde.

Kunst und Kirche


Die urspüngliche Ornamentverglasung der Thomaskirche wurde 1889 durch farbige Mosaiken ergänzt. Die fünf farbigen Fenster an der Südwand der Thomaskirche schuf der Glasmaler
Alexander Linnemann. Sie zeigen namhafte Persönlichkeiten des Protestantismus, darunter König Gustav II. Adolf von Schweden, Kurfürst Friedrich der Weise gemeinsam mit Philipp Melanchthon und Martin Luther, Kaiser Wilhelm I. und Johann Sebastian Bach. Ein weiteres Fenster aus früheren Jahren bildet Felix Mendelssohn Bartholdy und den Heiligen Thomas ab. 2009 wurde das Friedensfenster von David Schnell ergänzt. 

Seit Einführung der Reformation gehört es zu den Pflichten der amtierenden Superintendenten, sich bei ihrem Ausscheiden aus dem Amt porträtieren zu lassen und im Altarraum der Kirche neben ihre Vorgänger einzureihen. So zeigt eines der Porträts Leipzigs ersten Superintendenten Johannes Pfeffinger

1950 wurden in der Thomaskirche die Gebeine Johann Sebastian Bachs, die sich urspünglich in der zerstörten Johanniskirche befanden, in einer Gruft beigesetzt. Die von Kunz Nierade gestaltete schlichte Grabplatte an den Stufen des Altarraums ist heute Anziehungspunkt für Bachverehrer und Musikfreunde aus aller Welt. Unter den weiteren Epitaphien und Grabplatten in der Thomaskirche befinden sich neben dem Sarkophag des Markgrafs Dietrich von Wettin die Grabplatten der Kurfürstin Elisabeth von Sachsen und des Adeligen Nickel Pflugk.

Chorale Gesänge vor dem bronzenen Thomaskantor


Dem berühmten Thomanerchor kann man im Rahmen des Gottesdienstes wöchentlich freitags um 18 Uhr bei der Motette und sonnabends um 15 Uhr bei der Bachkantate lauschen. Fester Bestandteil des Leipziger Musiklebends ist das
Bachfest Leipzig, mit welchem die Stadt jährlich den berühmten Thomaskantor ehrt und damit eine Tradition fortführt, die bereits Felix Mendelssohn Bartholdy initiierte.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Thomaskirche

Historisches Bildmaterial - Thomaskirche

Schiller-Denkmal

Schillerstraße – Lenné-Anlage im Promenadenring | Ortsteil: Zentrum

Das vom Leipziger Bildhauer Johannes Hartmann geschaffene Schiller-Denkmal wurde anlässlich Friedrich Schillers 109. Todestags am 9. Mai 1914 in der Lenné-Anlage des Promenadenrings eingeweiht. Das marmorne Monument wurde nach klassizistischem Vorbild mit Einflüssen des Jugendstils erschaffen und zeigt auf einer hohen Stele die Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren in Form eines Mannes und einer Frau angebracht.

Von der Porträtplakette zum marmornen Denkmal am 109. Todestag


Das Leipziger Schiller-Denkmal wurde zu Ehren des über mehrere Monate in Leipzig verweilenden Dichters und dessen Schaffen errichtet. Der Einladung eines Verehrers folgend kam Friedrich Schiller erstmals am 17. April 1785 nach Leipzig. Dort bezog er zunächst in der Petersstraße, später in der Hainstraße 5 im Gasthaus
Kleines Joachimsthal Quartier, wo er 1789 nochmals mit seiner Frau wohnte. Aus diesem Grund wurden an der Fassade zwei 1859 geschaffene Kupfermedaillons mit den Bildnissen des Ehepaares angebracht. Der Verlagsbuchhändler Georg Joachim Göschen vermittelte Schiller ein Zimmer in einem Bauernhaus im Dorf Gohlis bei Leipzig. Im heutigen Schillerhaus schrieb der Dichter seine berühmte Ode „An die Freude“, arbeitete am „Don Carlos“ und am „Fiesko“. Nach seiner Abreise am 11. September 1785 besuchte Schiller Leipzig noch einige Male für kürzere Aufenthalte, so etwa 1801 und 1804. 

Obwohl Friedrich Schillers Geburtstag nach seinem Tod 1805 seit den 1840er in der Stadt als volkstümliches Fest gefeiert wurde, setzten die Leipziger dem berühmten Dichter erst verhältnismäßig spät ein Denkmal. Anlässlich seines 100. Geburtstages wurde im November 1859 auf dem Markt temporär eine Kolossalbüste auf einem hohen Postament errichtet. Gleichzeitig erhielt auch die neu angelegte Straße zwischen Universitätsstraße und Peterstor den Namen Schillerstraße. Anlässlich des 100. Todestages des Dichters ließ der Schokoladenmanufakteur Adolph Schütte-Felsche im Mai 1905 auf dem Gelände des früheren Ausflugslokals Wasserschenke in Gohlis, wo Schiller oft einzukehren pflegte, an einem Granitstein eine von Carl Seffner geschaffene Porträtplakette Schillers anbringen, welche 1975 verloren ging.

Monumente für Schiller gehörten im 19. Jahrhundert zur Standardausstattung deutscher Städte. Als Symbolfigur nationaler Einheitsbestrebungen und Lieblingsfigur des deutschen Volkes wurde Schiller lange Zeit sogar über Johann Wolfgang Goethe gestellt. Erste ernsthafte Bemühungen um ein dauerhaftes Schiller-Denkmal in Leipzig wurden im Januar 1906 durch einen Denkmalausschuss, dessen Leiter später der bekannte Leipziger Literaturhistoriker und geistige Führer des Schillervereins Georg Witkowski war, gemacht. Der hierfür in Betracht gezogene Platz vor dem Alten Theater am heutigen Goerdelerring wurde von der Stadt abgelehnt. Im November 1911 startete der Denkmalausschuss in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Künstler-Verein einen Wettbewerb, dessen 33 eingegangene Entwürfe im April 1912 im Neuen Rathaus ausgestellt wurden. Obwohl ursprünglich ein Denkmal des jungen Schillers, als Kontrast zum Standbild Goethes, angedacht war, wurde der Entwurf des Leipziger Bildhauers Johannes Hartmann zum Sieger auserkoren. Hartmann galt als enger Vertrauter Max Klingers und wurde durch seine Mitarbeit u.a. am Neuen Rathaus, an der Deutschen Bücherei und an dem Brunnen Badendes Mädchen unter den Arkaden des Alten Rathauses bekannt. Am 3. Juli 1912 wurde auf dem ursprünglich für das Denkmal geplanten Platz am Neumarkt eine hölzerne Probefassung aufgestellt, die im März 1913 zum fertigen Monument vollendet wurde. Im Juni wurde der Standort ein weiteres Mal mit der Probefassung getestet. Die Stadt bezuschusste die noch fehlenden 20.000 Mark und trug die Kosten für die 3.270 Mark teure Fundierung, so dass einer rechtzeitigen Fertigstellung bis zum 109. Todestags Schillers am 9. Mai 1914 nichts mehr im Wege stand.

Durch Leipzigs Grün schillert Schiller…


Hartmanns Werk aus Marmor zeigt die sich nach klassizistischem Vorbild auf hoher, schmuckloser Stele befindliche streng frontal und unbekleidete Büste Schillers. Zu beiden Seiten des Postaments sind zwei überlebensgroße Sockelfiguren angebracht, links ein Mann, rechts eine Frau. Diese Ausführung erinnert an die Trabantendenkmäler aus dem 19. Jahrhundert. Die beiden Figuren stehen symbolisch für die „Erhabenheit“ und die „Tragik“, was den Betrachter zum Infragestellen des geläufigen Dichterstandbildes anhalten sollte. Beide Sockelfiguren sollen das „Ringende als zentrales Moment des dichterischen Schaffensprozesses“ verkörpern. Ihre Nacktheit zielt auf das „allgemein Menschliche ohne antikisierende Geschlechtslosigkeit“ ab. In Hartmanns ersten Entwurf für das Monument war die weibliche Figur ursprünglich von den Hüften abwärts bekleidet gewesen.

Die beiden Figuren erinnern an das Schaffen Max Klingers, während hinter den bildnerischen Intentionen das Vorbild Max Klingers und Johannes Hartmanns, der französische Bildhauer Auguste Rodin, steht. Ausgangspunkt für Hartmanns Werk waren nicht Schillers frühere Aufenthalte in Leipzig, sondern dessen über die Zeiten gerichtete strebende Idealität, welche bereits von Ernst Rietschel, dem Schöpfer des Weimarer Doppelstandbilds, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für alle folgenden Schiller-Rezeptionen festgeschrieben wurde. Hartmann interpretierte diese in seinem Werk durch den Ausdruck schicksalsschwerer Innenschau und einer Mystifizierung Schillers. Bei der Modellierung der Gesichter sagte sich Hartmann von der vom Stuttgarter Bildhauer Johann Heinrich Dannecker geschaffenen Bildnisbüste Schillers bewusst los: Sein Denkmal in Form eines hohlwangigen Dichters brach mit dem typischen Schillerbild des 19. Jahrhunderts. Dieser vollzogene Formenwandel im Geist des Jugendstils entsprach den veränderten Vorstellungen von Literatur um 1900 und der Entwicklung vom Bild des klassischen Dichterfürsten zum Erlebnislyriker. Insofern war das Monument, damals wie heute, schwer mit der gängigen Vorstellung eines Dichtermonuments in Einklang zu bringen. Für die marmorne Ausführung des Schiller-Denkmals war wohl der langjährige Hilfsarbeiter Max Klingers, der Steinbildhauer August Schmiemann aus Plagwitz, verantwortlich.

„Pfui Teufel“: Warum sich die Leipziger über das Denkmal empörten…


Bereits am Tag nach der Denkmalweihe empörten sich einige Bürger der Stadt in einem anonymen Schreiben mit den Worten: „Ein Paar gemeinere Gestalten konnten unsere allverehrten Stadtväter unsrem edlen Schiller wohl nicht an die Seite stellen als wie den Adam und die Eva, die da nackend sich der Jugend zeigen. Pfui Teufel noch einmal.“ Trotz der Kritik blieb das Denkmal in der Promenadenanlage an der Schillerstraße in seiner Ursprungsform erhalten. Dennoch zählte es nicht wie das
Bach-Denkmal vor der Thomaskirche oder das Goethe-Denkmal auf dem Naschmarkt zu den populären Denkmälern der Stadt. Dies lässt sich zum einen mit der Tatsache begründen, dass sich Schillers Denkmal derart als Kunstwerk geriert, dessen Platz vielmehr im Museum als unter freiem Himmel zu suchen wäre. Zum anderen fehlt es vielen Bürgern inhaltlich an lokalem Bezug. Anstatt der Vorstellungen des „Leipziger Schiller“ in Form einer historisierenden Kostümstatue wurde vielmehr eine geläuterte, abgehobene „Walhalla-Idealität“ Schillers inszeniert, welche der Denkmalserwartung widersprach.

Bei dem Leipziger Schiller-Denkmal, welches zeitgleich mit dem Dresdner Schiller-Denkmal entstand, handelt es sich um eines der letzten öffentlichen Monumente, die dem Dichter zahlreich in Deutschland gesetzt wurden. Es ist außerdem das einzige Denkmal Leipzigs, welches stärkere Einflüsse des Jugendstils zeigt.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Schiller-Denkmal

Historisches Bildmaterial - Schiller-Denkmal

Sachsenbrücke (Stahlbetonbrücke)

Anton-Bruckner-Allee 50 / Clara-Zetkin-Park | Ortsteil: Zentrum-Süd

Die Sachsenbrücke vereint gemeinsam mit der Anton-Bruckner-Allee im weiteren Verlauf als autofreie Verbindung die Stadtteile Plagwitz und Schleußig mit dem Musikviertel. Sie befindet sich inmitten des Clara-Zetkin-Parks über dem Elsterflutbecken und wurde ursprünglich im Jahr 1897 für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) errichtet. Heute dient die Brücke als beliebter Treffpunkt für Fußgänger, Radfahrer, Künstler und Musiker gleichermaßen. 

Als sächsische Truppen und Ausstellungsgänger über die Brücke strömten…


Obgleich architektonisch eher unscheinbar mit ihren drei soliden Betonbögen und ihrem blauen Geländer, gilt die Sachsenbrücke als ein Dreh- und Angelpunkt der innerstädtischen Leipziger Parklandschaft. Inmitten des Clara-Zetkin-Parks über dem Elsterflutbecken gelegen vereint sie gemeinsam mit der Anton-Bruckner-Allee im weiteren Verlauf die Stadtteile Schleußig und Plagwitz als autofreie Verbindung. 

Der Name „Sachsenbrücke“ geht auf den Wechsel der sächsischen Truppen von der Seite Napoleon Bonapartes zu den Verbündeten während der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 zurück. Diese Bezeichnung wurde erst am 7. November 1901 amtlich. Die heutige Sachsenbrücke wurde im Jahr 1897 als erstes Bauwerk für die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) errichtet. Für letztere wurden nach Plänen des Königlich Sächsischen Baurates Arwed Rossbach neun Ausstellungshallen und zehn Pavillons im heutigen Clara-Zetkin-Park errichtet. Ziel der STIGA war es, das Gelände entlang des Elsterflutbettes zu gestalten und aufzuwerten. Etwa 3.000 Aussteller präsentierten innerhalb eines halben Jahres vor rund 2,4 Millionen Gästen unzählige Innovationen jener Zeit. Nach Ende der Ausstellung wurden die ca. 300 Gebäude abgerissen – nur die Sachsenbrücke nicht. Im Zuge der geplanten Nachnutzung des Ausstellungsgeländes und nach entsprechender Umgestaltung wurde auf dem 400.000 Quadratmeter großen Areal 1898 der König-Albert-Park, ab 1955 „Clara-Zetkin-Park“, eröffnet. Die Anton-Bruckner-Allee führt heute entlang der einstigen Hauptachse vorbei an den zwei ursprünglich für die STIGA geschaffenen und noch heute erhaltenen Teichen über die Sachsenbrücke. Über diese gelangten die Besucher der STIGA einst auf das eigentliche Ausstellungsgelände mit den weitläufigen Maschinen- und Industriehallen. In ihrer heutigen Ausführung wurde die Brücke 1928 im Zuge der Verbreiterung des Elsterflutbettes als Fußgängerbrücke fertiggestellt. Dabei handelt es sich um eine Stahlbetonbrücke mit muschelkalkverkleideten Brückenköpfen, welche heute von technischer und stadtgeschichtlicher Bedeutung ist.

Bunte Vielfalt über dem Elsterflutbecken: Die Sachsenbrücke als Freizeittreff


Im Jahr 2022 wurde die Sachsenbrücke im Rahmen des vom Bündnis „Leipzig fürs Klima“ initiierten und organisierten Projektes zum Klima-Mahnmal. In diesem Zuge wurden gemäß des vom britischen Klimaforscher Ed Hawkins 2018 entwickelten Modells sogenannte „Wärmestreifen“ („Warming Stripes“) auf die Sachsenbrücke gemalt. Dieses Modell bildet anhand eines Farbspektrums – blau für kälter und rot für wärmer – die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur ab. Die an den Rändern der 70 mal 6 Meter großen Streifen angemalten Jahreszahlen verdeutlichen den rasanten Temperaturanstieg zwischen 1850 und 2021 und dienen als visueller Denkanstoß für Passanten und Radfahrer. Die Anbringung der insgesamt 172 Streifen kostete rund 20.000 Euro. Nach einem Jahr waren sie jedoch bereits verblasst.

Heute ist die Sachsenbrücke ein beliebter Treffpunkt für Spaziergänger, Radfahrer und Künstler gleichermaßen. Häufig dient die Brücke für Straßenmusiker als Bühne, während Schaulustige auf der Bordsteinkante der Brücke sitzend den Klängen lauschen oder Paddlern auf dem Elsterflutbecken zuschauen. Für eine kleine Stärkung an der Brücke sorgen Eisstände und nicht selten ein Kaffeefahrrad. Unmittelbar neben der Sachsenbrücke auf der Anton-Bruckner-Allee befindet sich der sogenannte Glücksbaum – ein Kastanienbaum mit vielen kleinen, an den Ästen befestigten Wunschzetteln. In den späten Abendstunden wird die Sachsenbrücke häufig zum Treffpunkt für Leipzigs Partyszene, wobei es in der Vergangenheit nicht selten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und einer entsprechend hohen Polizeipräsenz kam.

Nur wenige einhundert Meter entfernt befinden sich inmitten des Clara-Zetkin-Parks zahlreiche Freizeitattraktionen, darunter der Musikpavillon, die Parkbühne und die Galopprennbahn Scheibenholz mit idyllischem Biergarten und dem Bootsverleih Scheibenholz. Im Sommer können die Gäste auf der Pferderennbahn bei den Filmnächten Freilichtkino genießen.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Sachsenbrücke (Stahlbetonbrücke)

Historisches Bildmaterial - Sachsenbrücke (Stahlbetonbrücke)

Rabensteinplatz

Rabensteinplatz | Ortsteil: Zentrum-Südost

Der Rabensteinplatz war seit dem Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert eine von mehreren Richtstätten Leipzigs. Hier gab es Hinrichtungen der ehrenvolleren Art von Delinquenten auf dem Schafott. Diese fanden auf einem steinernen Podest vor der Öffentlichkeit statt. Nach dem Abbruch des Galgens und des Rabensteins im Jahr 1822 wurde der Platz 1866 nach Plänen des Ratsgärtners Otto Wittenberg als landschaftliche Anlage mit barocker Brunnenanlage und Spielplatz umgebaut. 1951 wurde der Rabensteinplatz neugestaltet und der Froschbrunnen im Jahr 2018 mit einer neuen Brunnenplastik ausgestattet. Heute steht die Grünanlage des Rabensteinplatzes unter Denkmalschutz.

Thomanergesang zu ehrenhaften Hinrichtungen auf dem Rabensteine…


Der sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum
Johannisplatz und dem Grassimuseum befindliche geschichtsträchtige Rabensteinplatz blickt auf eine wechselvolle Historie zurück. Nachdem die Stadt im Jahr 1423 von Kurfürst Friedrich I., Herzog von Sachsen, die selbstständige Gerichtsbarkeit erhielt, diente das Areal im Mittelalter als Hinrichtungsstätte. Der Strafvollzug wurde an verschiedenen Stellen innerhalb und außerhalb der Stadtgrenzen ausgeübt. Einer dieser Hinrichtungsorte war der Rabensteinplatz, wo auf einem steinernen Podest, dem Rabenstein, Enthauptungen von Delinquenten durchgeführt wurden. Dies stand im Mittelalter nur höherrangigen Personen zu. Eine weitere Hinrichtungsstelle befand sich zu dieser Zeit am Gerichtsweg, wo an einem Doppelgalgen gewöhnliche Verbrecher hingerichtet wurden. 

In Johann Wolfgang Goethes „Faust“ wird der Rabenstein in der Szene „Nacht. Offen Feld“ als unheimlicher Ort erwähnt, der dem Dichter aus seiner Zeit in Leipzig bekannt war. Noch bis ins 18. Jahrhundert fanden auf dem Rabensteinplatz Hinrichtungen statt, bevor diese in das Stadtzentrum auf den Markt verlegt wurden. Da die Todesstrafe zu dieser Zeit normalerweise durch Erhängen am Galgen vollstreckt wurde, galt die Hinrichtung mit dem Richtschwert auf dem Rabensteinplatz als verhältnismäßig ehrenvoll.

Zur Namensherkunft des Rabensteinplatzes gibt es verschiedene Überlieferungen. Neben dem unter dem Namen „Rabenstein“ bekannten steinernen Podest, auf welchem die Hinrichtungen stattfanden, besagt eine weitere Überlieferung, dass die sterblichen Überreste der Enthaupteten zur Abschreckung auf dem Platz der Hinrichtung für die Raben hinterlassen wurden. Der Name existiert ebenfalls in anderen Städten mit ähnlichen Hinrichtungsstätten, etwa in Erfurt, Berlin, Frankfurt und Wien. Die Teilnahme an den Hinrichtungen war für die Bewohner der Städte Pflicht und ein Nichterscheinen strafbar. Die öffentlichen Hinrichtungen sollten der Abschreckung und der Machtdemonstration dienen und galten bis ins 19. Jahrhundert als ein Spektakel, das vom Volk geliebt wurde. Die Hinrichtungsstätten wurden über Jahrhunderte hinweg aufwändig instandgehalten. Wie aus Überlieferungen hervorgeht, wurde der Rabenstein im Jahr 1619 zu einer ca. drei Meter hohen Bühne mit ovalem Grundriss und einem Behältnis für die Werkzeuge des Scharfrichters umgebaut. Die zur Hinrichtung verurteilten Delinquenten begleitete man in einer Prozession vom Alten Rathaus bis zum Schafott. Besonders üble Verbrecher wurden auf einer Kuhhaut bis zur Hinrichtungsstätte geschleift. Da den Verurteilten geistlicher Beistand zustand, musste der Thomanerchor auch zu solchen Anlässen singen.

Von der einst gemiedenen Richtstätte zum beliebten Aufenthaltsort


Wann die letzte Hinrichtung auf dem Rabensteinplatz stattfand, ist nicht genau überliefert. Der Rabenstein und die Galgen wurden im Jahr 1822 abgebrochen und zum Gedenken an der Ecke Gerichtsweg / Dresdner Straße ein Markstein gesetzt, der noch heute als
Denkmal für das Hochgericht Leipzig besichtigt werden kann.

Durch den Verlust seiner einstigen Bedeutung wurde der Rabensteinplatz in der Folgezeit von den Bürgern der Stadt gemieden. Der Platz wurde zwischenzeitlich von der Stadt als Lagerplatz für Baumaterialien oder im Winter für den von den Straßen geräumten Schnee genutzt. 

Im Jahr 1843 stellte Ratsgärtner Otto Wittenberg erste Überlegungen an, den Platz als Gartenanlage umzugestalten. Der überarbeitete Plan wurde aus Kostengründen 23 Jahre später 1866 vom „Comitee zur Unterstützung brodloser Arbeiter“ mit Arbeitslosen umgesetzt. Anstelle der ursprünglich geplanten landschaftlichen Anlage entstand ein funktional aufgebauter, symmetrisch gestalteter Stadtplatz mit zwei ovalen Sandflächen als Spielflächen für die Kinder, Bäumen und sieben Sitzbänken. In den Folgejahren fanden zahlreiche gestalterische Veränderungen und Erweiterungen am Platz statt, der sich zu einem beliebten Aufenthaltsort der Bürger nahe der Innenstadt entwickelte. Initiiert von den aufstrebenden, zunehmend selbstbewussten Bürgern wurde 1869 aus Spendengeldern auf dem östlichen Bereich des Platzes ein barocker Brunnen, bestehend aus einem Bassin mit Fontäne und zwei unterschiedlich großen Schalen, ergänzt. Die von der Firma M Czarnikow & Co. Kunststein und Zinngießerei geschaffenen drei Delphine und drei Knaben gießen Wasser in das Becken. Im Jahr 1880 erhielt der Rabensteinplatz ein öffentliches Pissoir für drei Personen. 1909 wurde auf dem Platz der vermutlich älteste noch bekannte Froschbrunnen erbaut. Die vom Bildhauer Werner Stein geschaffene Brunnenplastik zeigte eine Figurengruppe bestehend aus einem großen, wasserspeienden Frosch mit zwei Kindern, während der Beckengrund mit einem Mosaik aus goldenen und blauen Glassteinen verziert war. 

Während des 2. Weltkriegs wurde zum Schutz der Bevölkerung ein Luftschutzbunker auf dem östlichen Teil des Rabensteinplatzes errichtet, wofür der Fontänebrunnen demontiert werden musste. 1942 wurde die bronzene Figurengruppe als „Metallspende des Deutschen Volkes an den Führer“ demontiert. Jahrzehnte lang war nur noch der Beckenrest zu sehen. Nach 1945 wurden die sichtbaren Teile des Luftschutzbunkers entfernt und der unterirdische Teil mit Erde überdeckt. Im Jahr 1951 erfolgte die Umgestaltung des Rabensteinplatzes nach Plänen des Landschaftsarchitekten Gerhard Scholz. Diese nahmen jedoch keinen Bezug auf die ursprüngliche Anlage von Wittenberg. Stattdessen wurde eine dem damaligen Zeitgeist entsprechende landschaftliche Anlage geschaffen. Nach einigen Jahren der Vernachlässigung wurde der Rabensteinplatz 2017 neu bepflanzt und ein Jahr später der Froschbrunnen mit der vom Leipziger Bildhauer Markus Gläser geschaffenen Brunnenplastik wieder in Betrieb genommen. Der Rabensteinplatz steht heute unter Denkmalschutz. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Rabensteinplatz

Orte der Friedlichen Revolution – Stelenprojekt

Stadtraum | Ortsteil: Zentrum (drei weitere Standorte befinden sich außerhalb des Zentrums)

Das Stelenprojekt für die „Orte der Friedlichen Revolution“ markiert seit dem 9. Oktober 2010 insgesamt 20 Originalschauplätze der Aktionen des politischen Widerstands gegen das SED-Regime zwischen dem 15. Januar 1989 und dem 18. März 1990. Initiator des Projektes ist das Bürgerkomitee Leipzig e.V., das auch Träger der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker ist. Es möchte mit den Stelen die geschichtlichen Ereignisse für Leipziger und Touristen vergegenwärtigen und an die Kraft des Demokratie-Gedankens erinnern. Die Umsetzung des Projekts erfolgte in Zusammenarbeit mit der Stadt, dem Freistaat und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die 20 Stelen informieren chronologisch auf deutsch-englischen Tafeln mit historischen Fotos über die Aktionen und machen die zeitliche sowie räumliche Dimension der Protestbewegungen in Leipzig erlebbar.

Lebendige Stadtgeschichte im Zeichen der Friedlichen Revolution


Die Idee zum Stelenprojekt geht auf das Bürgerkomitee Leipzig e.V. für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit zurück. Dieses stellte bereits anlässlich des 50. Jahrestags des Volksaufstandes von 1953 am 17. Juni 2003 an elf Orten im Stadtgebiet Stelen auf, die an wichtige Ereignisse des Aufstandes erinnerten. Das Bürgerkomitee sah diese nicht als Denkmale, sondern als Kennzeichen für markante Punkte der Stadtgeschichte an. Die Stelen sollten anfangs nur kurze Zeit stehen, wurden jedoch so gut angenommen, dass einer Weiterentwicklung des Projektes nichts im Weg stand. Im Jahr 2004, dem 15. Jahrestag der
Friedlichen Revolution, kamen zwei weitere Stelen hinzu. Anschließend entstand der Plan, im Jahr 2009 an insgesamt 25 Orten der Friedlichen Revolution Stelen zu positionieren. Diese Zahl wurde schließlich auf 20 reduziert. Die ersten Stelen wurden am 9. Oktober 2010 aufgestellt und sukzessive ergänzt. Neben der Vergegenwärtigung der geschichtlichen Ereignisse sollen die Stelen vorrangig an die Kraft des Demokratie-Gedankens erinnern, welcher die Bürger der DDR zur eigenen Befreiung aus der Diktatur befähigte. Ferner soll auf die Bedeutung der Zivilcourage aufmerksam gemacht und die Beweggründe der Akteure in der Friedlichen Revolution und ihr Kampf für einen freien und demokratischen Staat ins Gedächtnis gerufen werden.

20 Originalschauplätze: Von der ersten Demonstration für demokratische Grundrechte zur ersten freien Volkskammerwahl


Die drei Meter hohen Stelen sind aus sogenanntem Steckmetall gefertigt. Das Material wurde einst für Grenzbefestigungen an der deutsch-deutschen Grenze verwendet. Der Entwurf für die Stelen stammt vom Frankfurter Studio KW.Kommunikationsdesign, welches aus dem Gestaltungswettbewerb als Sieger hervorging. Auf den Stelen angebrachte Tafeln vermitteln die Besonderheit und Komplexität der Friedlichen Revolution mit deutschen und englischen Texten sowie entsprechenden Fotos. Durch die historischen Fotografien lässt sich auch der Stadtwandel seit 1989 nachvollziehen. Die Idee zu den Informationstafeln entstand in Anlehnung an Ausdruckweisen der Erinnerungskultur, welche nach einschneidenden Erlebnissen an zahlreichen Orten des Geschehens in Form von beispielsweise ausgehangenen Zetteln, Schildern, Kerzen oder Blumen zu finden sind und die Gefühle zum Ausdruck bringen. Dies war auch im Herbst 1989 der Fall, als die Leipziger Bürger an der
Nikolaikirche auf diese Weise die Freilassung von politischen Inhaftierten forderten.

Durch die Stelen wird die zeitliche und räumliche Dimension der Friedlichen Revolution in Leipzig erlebbar. Sie markieren nicht nur die 20 wichtigsten Punkte, sondern bilden zugleich eine Chronologie der Ereignisse ab, angefangen am 15. Januar 1989 mit der ersten Demonstration für demokratische Grundrechte (Station 1) bis zur ersten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 (Station 20). An der Ecke der Ritterstraße wird beispielsweise an das Friedensgebet und die Ausreisedemonstration während der Frühjahrsmesse 1989 erinnert (Station 2), während auf Höhe der Goethestraße eine Stele zu den landesweiten Protesten im Zuge der Feiern zum 40. Jahrestag der DDR aufgestellt ist (Station 12). Am südlichen Eingang zum City Tunnel auf dem Markt wird an die gefälschte Kommunalwahl und die anschließenden Proteste am 7. Mai 1989 erinnert. Die Stele 11 befindet sich am Tröndlinring und vergegenwärtigt die Montagsdemonstration am 2. Oktober 1989, aus der sich mit 20.000 Teilnehmern eine Massenbewegung entwickelte. Gegenüber dem ehemaligen Alten Landratsamt erinnert Station 15 an die größte Leipziger Montagsdemonstration am 6. November 1989. Den Höhepunkt der Friedlichen Revolution am 9. Oktober 1989 markieren die Stationen 13 und 14 auf dem Augustusplatz bzw. dem Willy-Brandt-Platz.

Individueller Stadtrundgang mit der App „Leipzig `89“


Seit 2015 können die 20 Originalschauplätze auch digital mit der App „Leipzig ’89“ in Form eines mehrsprachigen Audioguides abgerufen werden. Somit ist es möglich, dass die Nutzer des GPS-gestützten Rundgangs den Stadtwandel direkt vor Ort auf individuelle Weise erkunden. Anhand von QR-Codes an den Stelen kann die App auf mobile Endgeräte heruntergeladen werden. Die einzelnen Stationen können auch direkt aufgerufen werden. Zusätzlich zur deutschen Version ist die App auch in englischer, französischer, spanischer, italienischer, niederländischer und arabischer Sprache erhältlich. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Orte der Friedlichen Revolution – Stelenprojekt

Opernhaus

Augustusplatz 12 | Ortsteil: Zentrum

Das Opernhaus an der Nordseite vom Augustusplatz wurde 1956 bis 1960 nach Plänen von Kunz Nierade und Kurt Hemmerling als erster Theaterneubau der DDR errichtet und zählt zu den schönsten Bauten des Stils der ausgehenden 1950er Jahre. Die Oper Leipzig besteht als Drei-Sparten-Theater aus der Oper und dem Leipziger Ballett in der Spielstätte des Opernhauses sowie der Musikalischen Komödie im Haus Dreilinden in Lindenau. 

Der erste Theaterneubau der DDR entsteht


Das Opernhaus beherrscht die Nordfront des Augustusplatzes und befindet sich vis-à-vis zum
Gewandhaus. Durch seine strenge und kompakte Gliederung nimmt es eine dominierende Stellung zwischen den späteren Neubauten ein. 

Die Leipziger Operntradition reicht bis zur Gründung des ersten „Opernhauses am Brühl“ 1693 zurück. Nach Abriss dieser Spielstätte öffnete die zweite Leipziger Oper unter dem Namen Comödienhaus – später „Theater der Stadt Leipzig“ – 1766 auf der Ranstädter Bastei, dem heutigen Richard-Wagner-Platz. Als die Spielstätte für die wachsende Einwohnerzahl zu klein wurde, entstand ab 1868 das Neue Theater auf dem Augustusplatz als Vorgängerbau des heutigen Opernhauses. Der Entwurf stammte von Carl Ferdinand Langhans. Während des amerikanischen Luftangriffs in der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1943 wurden beide Leipziger Theater zerstört. Das Opernensemble war zwischenzeitlich im Haus Dreilinden als Ausweichspielstätte untergebracht. Der Bau des neuen Opernhauses erfolgte in einer Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs. Ein Jahr nach der Gründung der DDR 1949 sollte in Leipzig der erste große Theaterneubau als Teil der sozialistischen Bebauungspläne im Stadtzentrum entstehen. Um Platz für das neue Opernhaus mit Vorbildwirkung für andere Theaterbauten zu schaffen, wurde die Ruine des zerstörten Neuen Theaters gänzlich abgetragen. Der Neubau sollte ursprünglich die Maße und Anordnung des vorherigen Baus wieder aufnehmen. Dieses Vorhaben erwies sich jedoch als nicht durchführbar, da die Anforderungen an ein Opernhaus hinsichtlich der Technik, der Bühnenanlage und der Gestaltung des Foyers deutlich gestiegen waren. 

Vom umstrittenen Prestigebau zum internationalen Aushängeschild


Im Vorfeld wurden zahlreiche Projekte ausgearbeitet und das Bauvorhaben heftig diskutiert. Das Interesse am neuen Opernhaus war seitens der Bevölkerung, der Stadt sowie der Regierung sehr hoch. Im Jahr 1950 wurde ein erster Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich namhafte Architekten wie
Hans Scharoun, Bauherr der Berliner Philharmonie, beteiligten. Da unter den eingereichten Entwürfen keiner überzeugte, wurde 1951 ein zweiter Wettbewerb ausgeschrieben unter der Prämisse, das Opernhaus und den neugestalteten Karl-Marx-Platz schöpferisch zu verbinden. Auch im Rahmen der zweiten Ausschreibung wurde kein Entwurf als umsetzbar erachtet, so dass 1952 ein dritter Wettbewerb stattfand. Diesen konnte der polnische Architekt Piotr Bieganski für sich entscheiden. Seine sich an sowjetischen Modellen orientierenden Pläne wurden im Nachgang jedoch als zu kompliziert sowie wirtschaftlich nicht vertretbar kritisiert und schließlich verworfen. Um einer weiteren Verzögerung vorzubeugen, erhielten die Architekten Kurt Hemmerling und Kunz Nierade 1954 den Bauauftrag für das Prestigeprojekt der jungen DDR. Während des Baus erfolgte eine ständige beratende Begutachtung durch den Architekturbeirat der DDR. Auch der Vorsitzende des Staatsrates, Walter Ulbricht, nahm mehrmals persönlich an den Konsultationen teil. Nach sechsjähriger Bauzeit wurde das Opernhaus am 8. Oktober 1960 mit der Aufführung „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner feierlich eingeweiht. Heute zählt es zu den schönsten Bauten im Stil der ausgehenden 1950er Jahre.

Die Oper Leipzig war auch eine bedeutende Wirkungsstätte namhafter Musiker und Komponisten, darunter Georg Philipp Telemann, der 1701 die „Direction über die Opern“ übernahm. Albert Lortzings Werke „Zar und Zimmermann“ sowie „Der Wildschütz“ wurden 1837 bzw. 1842 uraufgeführt, ebenso wie 1878 Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“. Gustav Mahler wirkte von 1886 bis 1888 als zweiter Kapellmeister.

Wenn Klassizismus und DDR-Moderne aufeinander treffen…


Durch die lange Planungsphase des Opernneubaus wandten sich die Architekten von der ursprünglich geplanten neoklassizistischen Architektur im sowjetischen Stil ab. Das Gebäude ist von Schlichtheit sowie klassischer Strenge geprägt. Es handelt sich bei ihm um eine Stahlbetonkonstruktion in Form einer Stufenpyramide mit sieben Geschossen und einer Höhe von 52 Metern. Der kubische Baukörper wird durch ein klassisch gestaltetes Satteldach mit Giebel und darüberliegendem quadratischen Bühnenturm abgeschlossen. Die vier Ecken des Daches sind mit einer vergoldeten Taube als Friedenssymbol verziert. Die Gebäudefront zum Augustusplatz wird durch einen zweigeschossigen Portikus hervorgehoben. Die Fassade aus Pirnaer Sandstein ist mit einem 350 Meter langen Attikageländer gestaltet. Über den Fenstern im Erdgeschoss sind von
Walter Arnold geschaffene Flachreliefs angebracht, welche das Staatsensemble der DDR sowie Theatersymbole abbilden. Den Eingangsbereich der Oper erreicht man über die zu einer zweigeschossigen Loggia führende Freitreppe. Die acht Pfeiler tragen die Balkone vor dem Parkett- und Rangfoyer. Durch die goldfarbenen Fenster, Türen und Säulen aus Aluminium erhält der Bau in Verbindung mit seiner Sandsteinfassade einen repräsentativen Charakter. Die Rückseite des Gebäudes wird von einer Parkanlage mit dem Schwanenteich als Teil des Promenadenrings begrenzt. Sie verfügt über eine Terrasse und imposant gestaffelte Bautrakte. Vor dem Opernhaus wurde nach 1990 eine runde Brunnenanlage mit Fontäne angelegt, welche optisch an das einstige Rasenrondell Ende des 18. Jahrhunderts erinnert. 

Von der Knospe zur Dolde – was Opernhaus und Pusteblume gemein haben


Auch bei der Innenarchitektur der Oper wurde auf ihre Repräsentanz abgezielt. Im Erdgeschoss befindet sich die Garderobenhalle, die mit einem blauschwarzen Diabasfußboden ausgestattet ist. Die Wände sind zum Teil mit handgefertigten Fliesen aus Meißner Porzellan verziert. Die Zuschauer gelangen über elegant aufwärts schwingende und doppelläufige Treppen in das Parkett- und Ranggeschoss des Zuschauerraums, der von großzügig gestalteten Foyers umfasst wird. Vergoldete Zierornamente, rote Teppiche sowie holzverkleidete Wände aus Schweizer Birnbaum und Riegelahorn verkörpern den Charakter der Erbauungszeit. Von den ornamental gestalteten Decken hängen auffällige Leuchten in Pusteblumen-Ästhetik. Diese sind den verschiedenen Stadien der Pflanzenblüte nachempfunden und ziehen sich in abgewandelter Form durch das gesamte Gebäude: Während die Lampen in der Garderobenhalle noch in Form von Knospen abgebildet sind, präsentieren sich diese im Parkettfoyer bereits als Blüte mit den Dolden einer Pusteblume. 

Der Opernsaal mit dem trapezförmigen Zuschauerraum beherbergt eine 30 mal 23 Meter große Hauptbühne und verfügt über 1.273 Sitzplätze im 25-reihigen Parkett und im 12-reihigen Rang. Die mit Riegelahorn verkleideten, gefalteten Wände und die zur Bühne hin flach ausgelegte Kassettendecke sorgen für eine ausgezeichnete Akustik. Die Hauptbühne umfasst einen Portalausschnitt von 12,5 Metern Höhe und 16 Metern Breite. Davor befindet sich der Orchestergraben, in dem das Gewandhausorchester spielt. Die von Kurt Hemmerling geschaffene Bühne mit versenkbaren Podien und Drehbühne mit einem Durchmesser von 18 Metern zählt noch heute zu den modernsten ihrer Art in Deutschland. In Kombination mit einer hinteren und zwei seitlichen Schiebebühnen wird eine schnelle Verwandlung des Bühnenbildes ermöglicht. Im Saal befinden sich außerdem die Intendanten- und die Stadtloge, welche über separate Eingänge erreicht werden. Das Repertoire der Oper ist vielfältig und reicht vom Barock bis zur Gegenwart. Fester Bestandteil des Spielplans sind die Werke Richard Wagners und Albert Lortzings. 

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Opernhaus

Historisches Bildmaterial - Opernhaus

Nikolaisäule

Nikolaikirchhof | Ortsteil: Zentrum

Die Nikolaisäule befindet sich auf der östlichen Seite des Nikolaikirchhofs neben der Nikolaikirche und erinnert an die Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989. Sie wurde nach einem Entwurf von Andreas Stötzner vom Leipziger Bildhauer Markus Gläser ausgeführt und anlässlich des 10. Jahrestags der Friedlichen Revolution am 9. Oktober 1999 enthüllt. Bei der mit grünen Palmblättern bekrönten 16 Meter hohen, klassizistischen Säule handelt es sich um eine entsprechende Replik aus dem Kirchenschiff der Nikolaikirche. Die Palmblätter erinnern als Symbole des Friedens an die Friedliche Revolution und ihre Ursprünge in den Friedensgebeten.

Eine Friedenssäule auf dem Platz, „auf dem alles begann“


Mit der legendären Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 wurden das politische Ende der DDR und die Wiedervereinigung eingeleitet. Als Ausgangspunkt dieser revolutionären Bewegungen im Herbst 1989 galt die Nikolaikirche. An den Punkt, wo sich nach den Friedensgebeten die Montagsdemonstranten versammelten, erinnert die Nikolaisäule auf dem Nikolaikirchhof gegenüber dem
Predigerhaus.

Im Zuge der Sanierung und Umnutzung der Alten Nikolaischule sollte zugleich auch der Nikolaikirchhof künstlerisch und stadtgestalterisch aufgewertet werden. 1992 wurde von der Kulturstiftung Leipzig ein internationaler Wettbewerb zur Neugestaltung des Nikolaikirchhofs ausgeschrieben. Ziel war es, auf dem Platz, „auf dem alles begann“, in würdiger Form an die Friedliche Revolution und die daraus resultierenden tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen zu erinnern und diese erlebbar zu machen. Die Grundlagen für den Wettbewerb wurden auf Anregung von Heinz-Jürgen Böhme in einer Stiftungsratssitzung am 31. Januar 1991 beschlossen. Nur zwei Monate später sicherte die Stadt Leipzig ihre inhaltliche und finanzielle Unterstützung zu, auch die Landesregierung Nordrhein-Westfalens beteiligte sich mit einer großzügigen Summe von 83.200 DM am Ideenwettbewerb. Das von der Kulturstiftung Leipzig ausgearbeitete Wettbewerbskonzept richtete sich an bildende Künstler und Arbeitsgemeinschaften aus Architekten und Künstlern aus Deutschland, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn. Die aus 13 Wissenschaftlern, Kulturpolitikern, Stadtplanern, Künstlern und Architekten bestehende Fachjury entschied sich nach der Beurteilung der eingereichten Entwürfe anstatt der Vergabe eines ersten Preises für die Nominierung von zwei Preiskategorien mit je vier Preisträgern. Die Preisträger der ersten Kategorie waren mit jeweils 9.000, die der zweiten mit jeweils 3.800 DM dotiert. In der ersten Kategorie wurden Andreas Heinke Binder, Andreas Martin, Manfred Küster und Andreas Stötzner ausgezeichnet, in der zweiten Clemens Brocker, Heinz-Jürgen Böhme, Bill Fontana in Zusammenarbeit mit Kister Scheithauer und die Partnerschaft aus Andreas Gaiser und Thomas Lehnerer. Am 10. Januar 1994 wurde unter vier gleichwertigen Entwürfen der Leipziger Künstler Andreas Stötzner mit seiner originalen Nachbildung einer Säule aus dem Kirchenschiff der Nikolaikirche vom Beirat „Kunst im öffentlichen Raum“ zum Sieger gekürt.

Die notwendigen Mittel von 260.000 DM wurden zur Hälfte durch Spenden von Bürgern, Einrichtungen und Unternehmen, zum anderen Teil von der Stadt Leipzig und der Bundesregierung aufgebracht. Im Herbst 1997 startete eine Spendenaktion in Form einer Versteigerung von 15 Flaschen Wein vom Weinstock an der Alten Nikolaischule, die von Kurt Masur signiert waren. Das Bankhaus Reuschel & Co veranstaltete ein Benefizkonzert zugunsten des Denkmals, die US-Airforce-Band spendete den Ertrag eines Gewandhaus-Konzerts und der Vorsitzende der Frankfurter Aufbau AG erbat sich bei seinem Ausscheiden anstelle von Geschenken Spenden für die Säule. Die Namen aller Spender wurden in einer Kupferröhre im Innern der Säule festgehalten. Mit der Ausführung wurde der Leipziger Bildhauer Markus Gläser mit seiner Firma beauftragt. Am 9. Oktober 1999, dem 10. Jahrestag der Friedlichen Revolution, wurde die Nikolaisäule nach dem Friedensgebet im Beisein von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee auf der Ostseite des Nikolaikirchhofs neben der Nikolaikirche vor Hunderten Bürgern enthüllt.

Vom „Tree of Liberty“ und der klassizistischen Palme als Freiheitsbaum


Die Nikolaisäule schafft einen starken räumlichen Akzent, der in würdiger Relation zum Denkmalensemble Nikolaikirchhof steht. Sie gilt als eine äußerst positive und offene Form der Erinnerung an den Herbst 1989 und trägt den Gedanken des Aufbruchs während der Friedlichen Revolution aus der Kirche hinaus. Die Nikolaisäule als Abbild der klassizistischen Säulen im Kirchenschiff der Nikolaikirche wurden von Andreas Stötzner als Baum neuinterpretiert, der nach oben geöffnet an eine Palme erinnert. Die Palmblätter als Symbole des Friedens erinnern an die Friedliche Revolution und ihre Ursprünge in den Friedensgebeten. Damit griff der Künstler auch das in den Revolutionsjahren Ende des 18. Jahrhunderts stark verbreitete Bild der Friedensbäume auf, welches weltweit als Symbol der Auflehnung gegen die herrschende Klasse angesehen wurde. Diese Tradition ist der Überlieferung nach auf eine Ulme in Boston, den sogenannten „Tree of Liberty“, zurückzuführen. Dieser galt als zentraler Versammlungsort des amerikanischen Widerstands während des Unabhängigkeitskrieges gegen die Unterdrückung durch die britische Kolonialmacht. Im Zuge der Französischen Revolution verbreitete sich durch den Freiheitsbaum der Jakobiner dieser Brauch in ganz Europa.

Die vor der Säule im Boden liegende Bronzeplatte mit eingelassenen Schuhabdrücken und der Aufschrift „9. Oktober 1989“ wurde ebenfalls von Markus Gläser entworfen und umgesetzt. Die Schuhabdrücke weisen in Richtung Augustusplatz, dem früheren Karl-Marx-Platz, wohin im Oktober 1989 bis zu 500.000 Leipziger im Zuge der abendlichen Montagsdemonstrationen pilgerten und friedlich gegen das DDR-Regime demonstrierten. Seit dem 9. Oktober 2009 wird die Nikolaisäule bei Dunkelheit durch drei Bodenstrahler illuminiert und entfaltet somit auch eine attraktive Wirkung bei Nacht.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Nikolaisäule

Neues Theater

Augustusplatz 12 | Ortsteil: Zentrum

Der Vorgängerbau des Opernhauses, das Neue Theater, wurde zwischen 1864 und 1868 nach Entwürfen des Theaterbaumeisters Carl Ferdinand Langhans auf dem Augustusplatz erbaut. Die Bauleitung und Detailplanung hatte der Architekt Otto Brückwald inne. Mit einer Aufführung von Johann Wolfgang Goethes Iphigenie auf Tauris wurde das Neue Theater am 28. Januar 1868 feierlich eingeweiht. Der Zuschauerraum bot 2.000 Zuschauerplätze sowie 300 Stehplätze. Das Neue Theater wurde 1943 bei einem schweren Luftangriff zerstört. An der gleichen Stelle entstand zwischen 1956 und 1960 das heutige Opernhaus.

Ballett und Oper in Leipzigs Neuen Theater


Leipzig blickt auf eine lange Tradition als Opernstadt zurück, die bis ins späte 17. Jahrhundert zurückreicht. Im Jahr 1693 wurde mit dem ersten Opernhaus am Brühl nach Hamburg und Venedig das dritte bürgerliche Musiktheater Europas eröffnet. Gegenüber dem
Gewandhaus zu Leipzig auf der Nordseite des Augustusplatzes befindet sich das 1956 bis 1960 von Kunz Nierade geschaffene Opernhaus der Stadt. Der Nachkriegsbau erinnert in Ansätzen an seinen Vorgängerbau, das Neue Theater. Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, fanden Theateraufführungen in dem Gebäude eher selten statt. Das Neue Theater diente stattdessen vorrangig dem Ballett und der Oper. Es wurde zwischen 1864 und 1868 nach Entwürfen des Theaterbaumeisters Carl Ferdinand Langhans erbaut, Sohn von Carl Gotthard Langhans, der das Brandenburger Tor in Berlin schuf. Als Hauptwerk von Carl Ferdinand Langhans gilt die Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Die Bauleitung und Detailplanung hatte der Architekt Otto Brückwald inne, welcher auch das Festspielhaus in Bayreuth und das Hoftheater in Altenburg schuf. Die Kosten für den Bau des Neuen Theaters beliefen sich inklusive Außengestaltung und Inventar auf rund 1.670.000 Mark. Diese Summe entstammte zu Teilen dem Vermächtnis des 1861 verstorbenen Kaufmanns Friedrich August Schumann, welcher der Stadt Leipzig 60.000 Taler hinterließ, die er für den Gemeinzweck verwendet sehen wollte.

Mit der Errichtung des Neuen Theaters wurde die Bebauung der Nordseite des Augustusplatzes abgeschlossen. Das Gebäude verband zugleich den Platz mit dem dahinter gelegenen Schwanenteich mitsamt Parkanlage. Ebendiese optische Verbindung von Landschaftsgestaltung und Architektur wurde in der Literatur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts befürwortet. Mit einer Aufführung von Johann Wolfgang von Goethes Iphigenie auf Tauris wurde das Neue Theater am 28. Januar 1868 feierlich eingeweiht. Das ursprünglich ebenfalls hier angesiedelte Schauspiel wurde kurz nach der Eröffnung wieder in das Alte Theater am Richard-Wagner-Platz verlegt, da sich das Gebäude für Theateraufführungen als ungeeignet erwies. Ein künstlerischer und zugleich musikalischer Höhepunkt war der unter der Leitung von Angelo Neumann 1877 aufgeführte vierteilige Opernzyklus „Der Ring des Nibelungen“. Dabei handelte es sich um die erste Aufführung des Werkes außerhalb des Bayreuther Festspielhauses.

Den Besucher begrüßen die Musen…


Architektonisch erinnerte das Neue Theater an
Karl Friedrich Schinkels Schauspielhaus am Gendarmenmarkt in Berlin. Es setzte sich aus einem 94 Meter langen und 50 Meter breiten Mittelbau mit zwei Flügeln zusammen. Die zum Schwanenteich ausgerichtete Gebäuderückseite des Neuen Theaters war von einer halbrunden hervortretenden Terrasse gekennzeichnet. Den Eingang des Gebäudes flankierten zwei vom Dresdner Bildhauer Ernst Hähnel, welcher auch das Leibnitz-Denkmal im Innenhof der Universität Leipzig errichtete, geschaffene große Musenstatuen. Die Hauptfassade war gekennzeichnet von einer auf rund acht Metern über dem Erdgeschoss verortete korinthische Säulenvorhalle. Auf dem Giebelfeld war die allegorische Gruppe „Die Phantasie, Kränze an die Grazien und Künste verteilend“ abgebildet, darüber befand sich eine vier Meter hohe Statue des Gottes der Musik, Apollo Musagetes. Das Foyer war mit Marmorbüsten des Dichters Roderich Bexedix sowie Richard Wagners ausgestaltet. Hier befand sich ebenfalls eine Galerie bekannter Bühnenkünstler, Dichter und Komponisten. Besonders eindrucksvoll war das gut konzipierte Raumprogramm in Form einer für die Aufführungen genutzten 700 Quadratmeter großen Bühne. Der Zuschauerraum bot 2.000 Zuschauerplätze sowie 300 Stehplätze.

Bis zu seiner Zerstörung durch einen schweren Luftangriff auf die Stadt am 4. Dezember 1943 fanden im Neuen Theater noch Aufführungen statt. Bei dem letzten Werk, welches die Zuschauer zu Gehör bekamen, handelte es sich um die vom Gewandhausorchester dargebotene „Walküre“ von Richard Wagner. 

Die Ruine des Neuen Theaters wurde 1950 abgetragen. Bis zur Errichtung des heutigen Opernhauses an der gleichen Stelle zwischen 1956 und 1960 diente das Haus Dreilinden im Stadtteil Lindenau dem Opernensemble als Interimsspielstätte. 

Teile des Tympanon-Frieses, der sich ehemals am Frontgiebel des Neuen Theaters befand, kann man heute auf der linken Seite des Opernhauses neben dem Operncafé bewundern.

Stand: 27.09.2023

Historisches Bildmaterial - Neues Theater

Naturkundemuseum Leipzig

Lortzingstraße 3 | Ortsteil: Zentrum-Nordwest

Wie eine Vielzahl der Leipziger Museen verdankt auch das Naturkundemuseum seine Gründung der Initiative von engagierten Leipziger Bürgern vor mehr als 100 Jahren. Als „Archiv der Natur“ bewahrt das Museum die Sachzeugen der Umwelt und stellt die Daten nach eingehender wissenschaftlicher Erschließung anderen Einrichtungen, wie der Universität Leipzig, zur Verfügung.

Roßmäßlers Aufruf zur Errichtung des naturkundlichen Heimatmuseums


Als Wegbereiter des Naturkundemuseums gilt der Naturwissenschaftler, Politiker und Pädagoge
Emil Adolf Roßmäßler. Als „naturwissenschaftlicher Wanderprediger“ unternahm er Vortragsreisen durch ganz Deutschland mit dem Ziel der gesellschaftlichen Beförderung durch naturwissenschaftliche Volksbildung. Unter dem Titel „Ein Vorschlag für Leipzig und seine Behörden“ verfasste Roßmäßler im „Leipziger Tagesblatt“ vom 2. Januar 1859 einen wegweisenden Artikel, in dem er zur Gründung eines „Landes-Museums für vaterländische Naturgeschichte und Industrie“ aufrief. Ziel war es, eine naturkundliche Bildungseinrichtung für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen. Hintergrund des Appells war die Fertigstellung des Neubaus für das Museum der bildenden Künste Leipzig am 18. Dezember 1858 und Roßmäßlers Forderung eines Äquivalents für die Erforschung der Natur. Aber erst nach Roßmäßlers Tod wurde zur Umsetzung des Projektes eine Einigung erzielt. Am 2. Mai 1906 setzte die „Naturwissenschaftliche Vereinigung“ des Leipziger Lehrervereins Roßmäßlers Forderung von 1859 um und fasste den Beschluss zur Errichtung eines Naturkundlichen Heimatmuseums. Nach Jahren der Sammlungstätigkeiten wurde das Naturkundliche Heimatmuseum am 5. Juni 1912 vor mehr als 200 Gästen in einem Flügel des Gebäudes der ehemaligen dauernden Gewerbeausstellung am Tröndlinring feierlich eröffnet. Die Exposition umfasste technologische, botanische, zoologische und erdgeschichtliche Exponate. Kern der Ausstellung bildeten Objekte zum geologischen Aufbau der Leipziger Region. Dazu zählten Exponate der heimischen Flora und Fauna des Auwalds sowie aus der Eiszeit. 

Von Standortdebatten und Platzmangel


Im Jahr 1923 zog das Museum aufgrund von zunehmenden Platzproblemen in das heutige Gebäude am früheren Schulplatz. Dieses wurde 1837 bis 1839 als
II. Höhere Bürgerschule neben dem heutigen Goerdelerring erbaut. In sieben Räumen des zweiten Obergeschosses wurde 1924 die neue Dauerausstellung mit einer botanischen, geologischen und zoologischen Abteilung wiedereröffnet. Im Jahr 1939 gelangte das Museum in städtische Trägerschaft. Im Zuge der Neugestaltung des Museums von 1937 bis 1942 wurde die Dauerausstellung erneuert und um eine archäologische Abteilung erweitert. Das Treppenhaus wurde mit Gemälden des Leipziger Wandbild- und Glasfenstergestalters Emil Block gestaltet. So entstand im Jahr 1941 ein umfangreiches Freskengemälde, welches eine typische Auenlandschaft mit Pflanzen- und Tierwelt zeigt. Als Vorlage dienten zehn Lichtbilder des Auwaldes sowie verschiedene Tierpräparate. Ein weiteres Großgemälde zeigt eine Mammutherde in eiszeitlicher Landschaft. Bei den Wandgemälden handelt es sich um die einzigen beiden, noch erhaltenen Werke von Emil Block im Museum, die den Krieg überdauerten. Am 23. Februar 1947 öffnete das Naturkundliche Heimatmuseum nach erheblichen Einschränkungen im Museumsbetrieb als erstes Museum in Leipzig seine neue Dauerausstellung. In der Nachkriegszeit erfüllte es bis 1952 die essenzielle Aufgabe, die in der Aufklärung der Bevölkerung über die Nutzung von natürlichen Ressourcen in der Ernährung bestand, darunter die Pilzberatung. Aufgrund der bereits ab Mitte der 1950er Jahre eingetretenen thematischen Erweiterung der Ausstellungen wurde das Museum 1961 in „Naturwissenschaftliches Museum“ umbenannt. Im Zuge der allgemeinen kulturpolitischen Ausrichtung in der DDR sollten fortan auch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt werden. Davon zeugte beispielsweise die „Kosmos-Ausstellung“ von 1959. 

Nach fast zweijähriger Schließung wurde das Museum am 1. Mai 1987 im Rahmen eines Jubiläums wiedereröffnet: 150 Jahre zuvor wurde die II. Höhere Bürgerschule, in der das „Naturkundliche Heimatmuseum“ seit 1923 untergebracht ist, erbaut. Anlässlich der Wiedereröffnung wurde die Einrichtung in „Naturkundemuseum“ umbenannt. In der zweiten Etage veranschaulichte man die Geschichte der Leipziger Fließgewässer, die noch heute ihren Platz in der Dauerausstellung hat. Bis 2006 entstanden aufgrund des fortbestehenden Platzmangels und der geforderten Modernisierung des Naturkundemuseums verschiedene Konzepte an Alternativstandorten. Als neuer Standort in Erwägung gezogen wurde neben dem Stadtbad und dem ehemaligen Landratsamt (Tröndlinring 3) auch die Kongresshalle am Zoo. Aufgrund ihrer zentralen Lage und der möglichen Verknüpfung des Zoo-Besuches mit Informationen zum naturgeschichtlichen Hintergrund im benachbarten Museum erschien dieser Standort sehr attraktiv. Die Räumlichkeiten wurden aber schließlich als unpassend eingestuft und der Plan verworfen. Auch der bis 2020 geplante Umzug in die Halle 7 auf das Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei in Lindenau scheiterte. Bis 2025 ist ein Umzug des Naturkundemuseums vom Goerdelerring in den ehemaligen Bowlingtreff am Wilhelm-Leuschner-Platz geplant. Auf rund 5.500 Quadratmetern Fläche wird soll dort die Ausstellung gezeigt werden, während die Sammlung am gegenwärtigen Standort verbleibt. 

Blick in die Dauerausstellung: Lebensechte Löwen und Bienenstock


In der ersten und zweiten Etage des im schlichten Stil des späten Klassizismus erbauten Museumsgebäudes befindet sich auf etwa 800 Quadratmetern die Dauerausstellung. Charakteristisch sind verschiedene Dioramen, welche Pflanzen und Tiere in ihrer natürlichen Umgebung abbilden. Gezeigt werden Exponate, die die Entstehung, Veränderung und zukünftige Entwicklung des Natur- und Kulturraums im Leipziger Umland veranschaulichen, darunter Präparate bereits ausgestorbener Tierarten. Schwerpunkt aller Sammlungen ist die Leipziger Tieflandsbucht. Weiterhin sind Exponate aus fernen Regionen bis zur Antarktis ausgestellt. Zu den vom Museum aufbereiteten Themen zählen die Ur- und Frühgeschichte Westsachsens, der Leipziger Auwald und der Südraum Leipzig unter dem Titel „Von der Braunkohle zum Landschaftswandel“. Ein besonderes Highlight sind lebende Bienen, die alljährlich vom Frühjahr bis zum Herbst artgerecht im Museum gehalten werden. 

Ein weltweites Alleinstellungsmerkmal besitzt das Naturkundemuseum mit den Großtier-Dermoplastiken des Präparators Hermann ter Meer. Der Niederländer lebte und wirkte zwischen 1907 und 1934 in Leipzig und gilt mit der Entwicklung seiner dermoplastischen Präparationsmethode weltweit als Begründer der modernen Tierpräparation. Das Naturkundemuseum besitzt mit 241 Präparaten die umfangreichste Sammlung von ter Meers Präparaten, die in Naturkundemuseen weltweit ausgestellt sind. Besonders berühmt sind seine Primaten- und Großkatzenplastiken. Die im Zuge seiner 27-jährigen Tätigkeit im Zoologischen Museum der Universität Leipzig entstandenen Säugetier-, Reptilien- und Vogelpräparate gelangten nach dessen Schließung im Jahr 1968 in den Besitz des Naturkundemuseums und sind seit 1977 Teil der Dauerausstellung. Im Naturkundemuseum ausgestellt ist auch der im Juli 2000 im Alter von 19 Jahren gestorbene letzte Löwe „Tamrin“ aus dem alten Raubtierhaus. Dieser wurde mit Hilfe der von ter Meer entwickelten Tierpräparationstechnik von Horst Spicale präpariert 

Das Naturkundemuseum beherbergt weiterhin eine etwa 250.000 Exemplare große Sammlung der Wirbellosenzoologie, eine mehr als 44.000 Objekte und stetig wachsende botanische sowie eine archäologische Sammlung. Im Jahr 2020 erwarb das Museum eine fast 20.000 Objekte umfassende Fossiliensammlung. Bei der einstigen Privatsammlung des geologischen Präparators Frank Trostheide handelt es sich um eine der bedeutendsten paläontologischen Sammlungen Deutschlands.

Stand: 27.09.2023

Bildergalerie - Naturkundemuseum Leipzig

Historisches Bildmaterial - Naturkundemuseum Leipzig

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