Sprink, Rolf

Bürgerrechtler, Verleger, Ex-Volkshochschuldirektor | geb. am 16. April 1950 in Görlitz

Er ist eigentlich immer auf Entdeckungsreise: Rolf Sprink ist ein neugieriger Mensch, der noch heute gerne die Welt erkundet. Der ehemalige Bürgerrechtler ist aktiv. Wie in seiner Zeit als Direktor der Volkshochschule Leipzig, die er entwickelt und für die er mit seinem Team immer neue Angebote ausbrütet. So oft es geht im Jahr, bereist er mit seiner Frau andere Länder. Ob nun mit dem Auto durch Südosteuropa, mit dem Schiff auf der Donau, mit dem Flugzeug in Asien oder Amerika. Aber auch innerhalb Deutschlands ist er unterwegs.

Zeit des Suchens – Prägende Jahre


Geboren wird Rolf Sprink am 16. April 1950 in Görlitz. Mit drei Geschwistern wächst er in Görlitz, Berlin und Dresden auf, macht sein Abitur in Bautzen. Die Familie kommt viel herum, der Vater ist Kulturwissenschaftler, arbeitet als Intendant und Dramaturg an verschiedenen Theatern. Die Affinität Rolf Sprinks für fremde Kulturen kommt auch von häufigen Besuchen im
Karl-May-Museum Radebeul. Nach Leipzig kommt er zum Studium. An der Karl-Marx-Universität belegt er ab 1968 Ethnologie und Soziologie. Prägend wird für ihn in dieser Zeit die Sprengung der Leipziger Universitätskirche am 30. Mai 1968. Aber auch der Prager Frühling, der brutal niedergeschlagen wird, führt dazu, dass er den SED-Staat immer mehr ablehnt. Beflügelt wird das durch die evangelische Kirche, in der er viele Gleichgesinnte trifft. Schon im Studium will er in die Tropenmedizin wechseln, doch das wird ihm verwehrt. Ethnologie ist ihm allerdings zu akademisch. „Ich wollte raus, andere Kulturen und Ländern erleben. In der Entwicklungshilfe arbeiten.“

Nach dem Studium folgt der Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee in Weißenfels. „547 Tage, das hat sich bei mir eingeprägt“, sagt er. Anschließend arbeitet er zunächst als Lektor im Brockhaus-Verlag. Später wechselt er dann als Lektor und Fachbereichsleiter in den Tourist-Verlag Berlin/Leipzig. 1975 heiratet er, seine Frau ist im Diakonissenkrankenhaus als Krankenschwester sowie später in der Pflegedienstleitung tätig. Das Paar bekommt zwei Kinder und hat heute drei Enkel.

Engagement für demokratische Kultur und Rechtsstaatlichkeit


Ab 1985 nimmt Rolf Sprink wahr, wie immer mehr Menschen aus seinem Umfeld in den Westen ausreisen. Er ist Mitglied im Kirchenvorstand der
Nathanaelkirche. Im Umfeld der evangelischen Kirche in Leipzig knüpft er Kontakte zu Bürgerrechtlern. Warum stellt er nicht ebenfalls einen Ausreiseantrag? Er spricht vom starken Familienzusammenhalt, aber auch vom Austausch mit vielen Kollegen aus anderen Leipziger Verlagen, einem Netzwerk kritischer Geister. Mit ihnen versucht er, mitzugestalten und bekommt die nötige Energie, um trotz aller Widrigkeiten weiterzumachen. „Ich wollte hier eine demokratische Kultur mitentwickeln.“ Er schreibt zahlreiche Eingaben an die SED, um mehr Rechtsstaatlichkeit einzufordern.

1989 wird er Zeuge, wie der Pleiße-Gedenkmarsch vor der Paul-Gerhard-Kirche in Connewitz zerschlagen wird. Schon seit 1986 führt er Tagebuch. Und er wird oft ermuntert, dieses vielleicht mal zu veröffentlichen. Gleich nach Gründung des Neuen Forums engagiert er sich in der neuen Bewegung. Ab Mitte Oktober 1989 wird er Mitglied der Redaktionsgruppe mit Reinhard Bohse und Ulla Heise, die den Forum-Verlag Leipzig aufbaut. Die Gruppe verfasst ebenfalls die wöchentlichen Informationsblätter und Demonstrationsaufrufe mit.

Beim Forum-Verlag wird Sprink schließlich geschäftsführender Verleger und Gesellschafter. Das erste große Werk heißt „Jetzt oder nie – Demokratie! Leipziger Herbst ’89“. Enthalten sind Interviews, Zeitzeugenberichte und Zeitungsausschnitte. Die Friedrich-Ebert-Stiftung zeichnet es mit dem Sonderpreis für das „Politische Buch des Jahres“ aus. Gleich am ersten Tag werden 6.000 Exemplare verkauft. Die Leute haben in der Publikation ihre eigene Geschichte gesehen, erinnert er sich. „Für mich ist das biografisch die spannendste Zeit, eine absolute Zäsur, von der Geburt meiner Kinder und Enkel einmal abgesehen“, sagt Sprink. „Wir waren Mitgestalter einer Revolution.“

Volkshochschule wird Plattform für bürgerschaftlichen Dialog


1992 beginnt Sprink als Referent der Ökumenischen Stadtakademie Leipzig bei den Kirchenbezirken Leipzig-Ost und Leipzig-West. Dort kümmert er sich um evangelische Erwachsenenbildung. Und er sucht eine neue Herausforderung, bewirbt sich 1996 auf die Direktorenstelle bei der Volkshochschule. Die schätzt er wegen ihrer Tradition, zu DDR-Zeiten wäre ein Job im Bildungswesen für ihn aber nie infrage gekommen. Zu groß sind damals die politischen Beeinflussungen. „Das war ein No Go für mich.“

Knapp 20 Jahre hat er die Volkshochschule geleitet, aus ihr ein innovatives Haus mit großer Ausstrahlung über die Stadtgrenzen hinaus gemacht. „Wir sind eine Volkshochschule mitten in der Stadt“, sagt Rolf Sprink und betrachtet das als seinen größten Erfolg. Das ist keineswegs nur örtlich gemeint mit dem historischen Gebäude in der Löhrstraße, das über viele Jahre neben dem Lehrbetrieb saniert wird. „Rekonstruktion mit Augenmaß“ heißt es. Doch das ist alles andere als einfach. Für viele Kursteilnehmer oft sogar eine Zumutung.

Die Volkshochschule entwickelt sich als Treffpunkt und zur Plattform für den bürgerschaftlichen Dialog. Die Leute werden angeleitet, für Stadtgestaltungs- und Mitbestimmungsprozesse befähigt. Beispiele dafür sind das Forum Bürgerstadt oder die vielen offenen Diskussionsforen. Sprink moderiert, gestaltet, versteht sich als Netzwerker, verankert die VHS in der Branche in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und er publiziert viel, darunter über die „Leipziger Richtung“ der Erwachsenenbildung, die 1933 zerschlagen wird. Zum Sächsischen Volkshochschulverband hat er nach wie vor gute Kontakte.

Rolf Sprink ist auch im Ruhestand Mitglied in zahlreichen Vereinen. Dazu gehören beispielsweise die Stiftung „Bürger für Leipzig“, das Kuratorium Stiftung Friedliche Revolution, der Richard-Wagner-Verband, der Freundeskreis Gewandhaus sowie die Hieronymus-Lotter-Gesellschaft, die das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig fördert.

Stand: 17.07.2024

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Richard-Wagner-Hain

Jahnallee / Am Elsterwehr | Ortsteil: Zentrum-West

Es ist ein beliebter Treffpunkt. Bei angenehmen Temperaturen sitzt es sich gut auf den Treppen der Uferterrasse mit Blick auf das Elsterbecken. Viele ordnen das Areal auf der Westseite des Gewässers bereits dem Leipziger Palmengarten zu. Doch es gehört zum Richard-Wagner-Hain. Der erstreckt sich beidseitig des Elsterbeckens zwischen Zeppelinbrücke und Palmengartenwehr. Die Anlage ist ein „unbequemes Gartendenkmal“. Das hängt mit ihrer Geschichte im Nationalsozialismus zusammen, die auf einer Infotafel anschaulich dargestellt wird.

Nach Jahrhundertflut wird Fluss reguliert


Die
Frankfurter Wiesen sind einst das Überflutungsgebiet der Weißen Elster. Das wird besonders deutlich bei der Jahrhundertflut im Jahr 1909. Die Stadträte reagieren darauf. Sie lassen zur Regulierung des Flusses das Elsterbecken bauen, was zwischen 1913 und 1925 erfolgt. Die neue Flusslandschaft wird von den Leipzigern schnell als Freizeittreff zum Baden und Boot fahren angenommen. Sogar eine große Liegewiese am Ufer entsteht. Ehrgeizige Pläne, die Uferränder zu bebauen, werden schnell verworfen.

Die Idee, für den in Leipzig geborenen Komponisten Richard Wagner einen architektonisch gestalteten Uferpark anzulegen, gibt es bereits 1931 in der Weimarer Republik. Entworfen und umgesetzt wird das Bauwerk allerdings erst im Nationalsozialismus. Der Berliner Gartenarchitekt Gustav Allinger kann die Stadtverwaltung davon überzeugen, ihm den Auftrag für den Entwurf zu übertragen. Einen Wettbewerb gibt es nicht.

Allinger entwirft eine architektonisch gestaltete Gartenanlage mit ausgedehnten Freiräumen. Die wird von Stützmauern und Böschungen eingefasst. Zugleich entsteht eine Gartenhalle, die den Besuchern einen guten Blick über die Gesamtanlage ermöglicht. Auf der Westseite wird ein Wassergarten mit Fontänebecken sowie rahmender Pergola gebaut. Eine Treppe führt hinunter zum Wasser der Weißen Elster. Die Treppenwangen und Stufen bestehen aus Naturstein. Auf zwei Travertin-Blöcken sollten ursprünglich Skulpturen aufgestellt werden, für die es 1939 einen bildhauerischen Wettbewerb gibt. 1939 werden dafür Entwürfe geliefert. Aufgestellt werden sie allerdings nicht mehr. Das verhindert der von den Nationalsozialisten mit dem Überfall auf Polen begonnene Zweite Weltkrieg.

Wagner-Nationaldenkmal wird nicht realisiert


Gescheitert sind auch die Pläne, für Richard Wagner ein großes Denkmal aufzustellen. Dafür gibt es zwar einen Kunst-Wettbewerb, der noch in der Weimarer Republik ausgelobt wird. Als der Sieger gekürt wird, sind allerdings bereits die Nationalsozialisten an der Macht. Dabei kann sich der süddeutsche Bildhauer
Emil Hipp gegen mehr als 650 Konkurrenten durchsetzen. Er entwirft einen 9,5 mal 9,5 Meter breiten und 4 Meter hohen Natursteinblock. Die Seiten werden mit Reliefs geschmückt. Das Wagner-Denkmal soll am Ostufer des Elsterbeckens aufgestellt werden. Hipp erhält den Auftrag. Seinen Entwurf muss er allerdings überarbeiten, damit alles gigantischer ausfällt. Der Denkmalsplatz wird um eine Umfassungsmauer erweitert, auf der weitere 19 Reliefs Szenen aus Wagners Opern darstellen sollen. Am 6. März 1934 legt Reichskanzler Adolf Hitler den Grundstein. Nach seinem Willen soll es fortan „Richard-Wagner-Nationaldenkmal des Deutschen Volkes“ heißen. Tausende Sänger begleiten den Festakt musikalisch. Am 22. Mai 1938 – dem Geburtstag Wagners – ist die Weihe geplant. Die Arbeiten verzögern sich aber, wohl auch wegen fehlender Materialien.

Baufirma gibt Einzelteile an Privatpersonen ab


Hipp arbeitet fast bis zum Kriegsende an seinem Denkmal, das die Stadt Leipzig komplett bezahlt hat. Alle plastischen Arbeiten führt der Künstler selbst aus. Nach dem Krieg lehnt es die Stadtverwaltung allerdings ab, die politisch belasteten Werke anzunehmen. Es ist zwar keine NS-Kunst, wie der Leipziger
Richard-Wagner-Verband später formuliert. Hipp wird aber von den Nationalsozialisten vereinnahmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Aufstellung des Monumentes nahezu undenkbar. Nach den Zerstörungen setzt die Stadtverwaltung andere Prioritäten.

Hipp kann die Lagergebühren nicht aufbringen. Die bauausführende Marmor-Kiefer AG gibt daher Einzelteile des Kunstwerkes an Privatleute ab. 1976 kauft beispielsweise die Stadt Bayreuth die Reliefs „Spinnstube“ und „Siegfrieds Tod“. Sie sind in die Stadtmauer eingelassen. Einige Reliefs stehen in einem Privatgrundstück am Chiemsee.

Wasserfontäne soll wieder sprudeln


Der Richard-Wagner-Hain bleibt von Kriegseinwirkungen weitgehend verschont. Nur in der großen Ufertreppe sind noch Einschusslöcher von den Kampfhandlungen der letzten Kriegstage zu sehen. In der DDR wird die Anlage bepflanzt. Auf der Ostseite entstehen Universitätsgebäude, die heute zum
Campus Jahnallee gehören. Teile der Parkanlage und die Denkmalsfundamente wurden in den 1950er Jahren beseitigt.

Inzwischen hat die Stadt Leipzig die Anlage auf der Westseite des Elsterbeckens denkmalgerecht und unter Wahrung der Bausubstanz saniert. Die Uferterrassen und die Ufertreppe wurden nach achtmonatiger Bauphase am 21. Dezember 2022 eingeweiht. Ziel ist es, sie als Zeitzeugnis zu erhalten. Deshalb werden Freiflächen, wie die Wiese, auch nicht bepflanzt. Geplant ist, die seit 2004 kaputte Wasserfontäne künftig wieder sprudeln zu lassen. Die andere Seite des Elsterbeckens in Höhe des Universitätsgebäudes soll ebenfalls erneuert werden. Wann, ist allerdings noch unklar.

An den jungen Wagner erinnert heute das von Stephan Balkenhol geschaffene Richard-Wgner-Denkmal am Promenadenring. Mit dem Umbau des Areals Matthäikirchhof soll es in den kommenden Jahren besser zur Geltung kommen.

Stand: 19.03.2024

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Richard-Wagner-Dauerausstellung

Nikolaikirchhof 2 | Ortsteil: Zentrum

Er wird geliebt und gehasst. Mit seiner Musik bewegt Richard Wagner die Menschen, als Mensch und mit seinen politischen Ansichten irritiert er sie eher. Unbestritten ist jedoch: Der Schöpfer unvergleichlicher Musikdramen wie „Tristan“ und „Parsifal“ gehört zu den größten Genies des 19. Jahrhunderts. Die Grundlagen für die Entwicklung seiner Persönlichkeit werden in Sachsen gelegt, vor allem in Leipzig und Dresden.

Eine Dauerausstellung „Der junge Wagner 1813 bis 1834“ in der Alten Nikolaischule, seinem einstigen Schulgebäude, widmet sich Jugend, Ausbildung und dem Frühwerk Wagners. In der Alten Nikolaischule befindet sich auch die Richard-Wagner-Aula. Um jene klassizistisch gestaltete Aula wurde das Gebäude der Nikolaischule 1827 erweitert. In ihr dürfte der junge Richard daher Musikunterricht gehabt haben. Möglicherweise wird dort auch sein außergewöhnliches musikalisches Talent erkannt. Die Aula ist heute der einzige authentisch erhaltene Ort der Erinnerung an das Wirken des jungen Wagners in Leipzig. Weder sein Geburtshaus am Brühl noch das Alte Theater, die Aufführungsstätte vieler Werke, gibt es noch. Getauft wird Richard Wagner in der Thomaskirche. Die Kulturstiftung Leipzig sieht die Ausstellung über den jungen Wagner als eine notwendige Ergänzung des Wagnermuseums in Bayreuth, das den Fokus auf den reifen Komponisten legt.

Stiefvater ist ein Multitalent


Geboren wird Richard am 22. Mai 1813 in Leipzig auf dem Brühl im
Gasthof „Zum Roten und Weißen Löwen“. Eine 1937 von Fritz Zalisz geschaffene Gedenktafel für das Geburtshaus von Richard Wagner erinnert heute noch daran. 

Sein Vater Friedrich, ein Polizeiaktuar und leidenschaftlicher Theaterliebhaber, verstirbt ein halbes Jahr nach Richards Geburt am Lazarettfieber, das er sich offenbar während der Völkerschlacht bei Leipzig zugezogen hat. Die Mutter Johanna Rosine Wagner heiratet am 28. August 1814 den Schauspieler, Lustspieldichter und Porträtmaler Ludwig Geyer. Der Stiefvater ist ein Multitalent, sichert mit Porträtaufträgen des Dresdener Hofes und des bayerischen Königs den Lebensunterhalt. Daher kann auch Johanna Rosine mit ihren sieben Kindern zu Ludwig Geyer nach Dresden ziehen.

Geyer, der auch Sänger ist, führt ein gastliches Haus. Dort verkehrt häufig der Komponist Carl Maria von Weber, der im Dezember 1816 nach Dresden berufen wird. Durch ihn wird Richard, der bis zu seinem 14. Lebensjahr den Familiennamen Geyer führt, inspiriert, die Musikerlaufbahn einzuschlagen. Vor allem der „Freischütz“ wird für ihn zum Schlüsselerlebnis. Stiefvater Ludwig Geyer stirbt schließlich am 30. September 1821. Richard kommt zunächst in die Obhut seines Onkels Karl Geyer in Eisleben. Als der nach einem Jahr wieder heiratet, geht die Zeit Richards in Eisleben zu Ende. Er wird Schüler in Dresden an der Kreuzschule. Weihnachten 1827 kehrt er mit der Mutter nach Leipzig zurück. Ab 21. Januar 1828 beginnt die Ausbildung an der Nikolaischule.

Die Dauerausstellung stellt zwar das Wirken des jungen Wagners in Leipzig in den Mittelpunkt. Es werden aber auch andere Stationen seiner Jugend beleuchtet. Bevor er als 21-jähriger Leipzig im Juli 1834 verlässt, ist er ein ausgebildeter Komponist und Dirigent, der bereits auf eine erstaunliche Zahl von Kompositionen verweisen kann.

Wagner ist ein fauler Schüler


Dabei ist Richard Wagner ein schlechter Schüler, wie er selbst in seinen Erinnerungen schreibt. „Ich verließ Dresden und die Kreuzschule, und kam nach Leipzig. Auf der dortigen Nikolaischule setzte man mich nach Tertia, nachdem ich auf der Dresdner Kreuzschule schon in Sekunda gesessen, dieser Umstand erbitterte mich so sehr, daß ich von da an alle Liebe zu den philologischen Studien fahren ließ. Ich ward faul und liederlich.“ Durch die Zurückstufung, heißt es in der Ausstellung, ist sein Verhältnis zur Nikolaischule von Anfang an gestört.

Zu Ostern des Jahres 1830 verlässt Wagner die Nikolaischule und wechselt in die Thomasschule. Auch dort wird ihm mangelndes Interesse vorgeworfen. Am 23. Februar 1831 lässt Wagner sich ohne Schulabschluss an der Universität Leipzig als „Student der Musik“ immatrikulieren. Auch dort betrachtet er die Philosophie- und Ästhetikvorlesungen meist als Nebensache.

Sein Hauptinteresse gilt in den Jahren 1828 bis 1832 musikalischen Studien sowie dem turbulenten Treiben der Studenten. Großen Einfluss haben die Gewandhauskonzerte und die Schätze der Bibliothek seines Onkels Adolf Wagner im Königshaus am Markt. Die Leipziger Unruhen von 1830 – eine Folge der Pariser Julirevolution – haben ebenfalls Auswirkungen auf die geistige und politische Entwicklung des jungen Mannes. „Mit einem Schlage wurde ich Revolutionär“, so Wagner, der sich an den durch Studenten und Handwerksgesellen ausgelösten Unruhen beteiligt.

Begeisterung für Beethoven geweckt


Im
Alten Gewandhaus hört der junge Wagner das erste Mal Ludwig van Beethoven und begeistert sich ebenfalls für Wolfgang Amadeus Mozart. Vom Gewandhausmusiker Gottlieb Müller erhält er Harmonielehre, anfangs heimlich. Und manchmal geht der junge Wagner dort auch nur widerwillig hin und ist undiszipliniert. Dennoch vermittelt Müller Richard wichtige handwerkliche Grundlagen, die diesen in die Lage versetzen, eigene Musikstücke zu komponieren. Von Thomaskantor Theodor Weinlig, der seine musikalische Begabung fördert, bekommt er ab Spätsommer 1831 ein knappes halbes Jahr lang Unterricht auf dem Gebiet des Kontrapunkts. Wagner besucht zudem Garten- und Freiluftkonzerte in verschiedenen Lokalen der Leipziger Vorstädte.

Die Ausstellung will vor allem eins zeigen: Ein junger Mann hat unter sehr schwierigen Bedingungen seinen Weg gesucht und gefunden. Und stellt dabei das lange vernachlässigte Frühwerk des Komponisten in den Mittelpunkt. Ganz im Sinne des Werbeslogans „Richard ist Leipziger“. Dafür steht seit 2013 auch das Richard-Wagner-Denkmal von Stephan Balkenhol im Promenadenring. An den reiferen, erfolgreichen Künstler erinnert zusätzlich die Richard-Wagner-Büste hinter dem Opernhaus am Schwanenteich.

Die Dauerausstellung „Der junge Wagner 1813 bis 1834“ entsteht in Regie von Konzertpianist Rolf-Dieter Arens, langjähriger Rektor der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar. Der Leipziger Maler und Grafiker Heinz-Jürgen Böhme hat sie gestaltet und konzipiert, ebenso wie die von der Kulturstiftung Leipzig herausgegebene Begleitbroschüre. Die Schau verfügt über 13 Hörstationen, die die Stationen Wagners vertiefen und auch das Leipzig seiner Zeit aufleben lassen. Etwa das damalige Gewandhaus. Es gibt auch einen Audioguide mit Führungen in Englisch, Französisch, Russisch, Italienisch, Polnisch und Tschechisch. Die Dauerausstellung ist ebenso wie die Alte Nikolaischule Teil der Leipziger Notenspur, die auf einem Rundgang authentische Wirkungsstätten berühmter Komponisten bündelt. Sie hat fünf Tage in der Woche geöffnet und kann auch während der jährlichen Museumsnacht Halle und Leipzig besucht werden.

Stand: 06.05.2024

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Poser, Steffen

Historiker, Denkmalsleiter | geb. am 20. Juli 1962 in Leipzig

Vom Eingang an der Straße bis zur Aussichtsplattform des Völkerschlachtdenkmals sind es 500 Stufen, die vor allem oben ziemlich eng werden. Wie oft Steffen Poser diese Stufen erklommen hat, vermag er nicht konkret zu sagen. Mehrere tausend Male bestimmt. Seit 1991 Jahren leitet er das Völkerschlachtdenkmal. Dort hat er inzwischen sein halbes Leben verbracht und erlebt, wie der nach der Friedlichen Revolution zunächst ungeliebte Koloss in neuem Glanz erstrahlt. Anfang der 1990er-Jahre wollen einige Leipziger das jahrelang der Industrieabluft ausgesetzte kaputte, schwarze Denkmal einem „kontrollierten Verfall“ aussetzen, damit dieses nicht weiter das Stadtbild „verschandelt“ und verschwindet. Doch es kommt zum Glück anders, auch dank des Engagements vieler Bürger im Förderverein Völkerschlachtdenkmal.

„Es ging uns auch um eine moralische Sanierung“, so Poser. Zur Einweihung in der Kaiserzeit 1913 dürfen es die Besucher lediglich demutsvoll anschauen. Erst später wird es Aussichtspunkt, jedoch sowohl im Nationalsozialismus als auch in der DDR ideologisch missbraucht. Heute sind alle willkommen und eingeladen, sich mit dem Koloss auseinanderzusetzen. „Das Völkerschlachtdenkmal ist eingeschränkt barrierefrei für alle Besucher da“, so der Denkmalschef. Lediglich ganz nach oben auf die Plattform schaffen es nicht alle, da hier in die engen Wände kein Fahrstuhl eingebaut werden kann.

Statt Zahnarzt wird er Fremdenführer


Geboren wird Steffen Poser im Juli 1962 in Leipzig. Er wächst in
Reudnitz auf, besucht die Nikolaischule am Täubchenweg, macht 1981 sein Abitur an der Thomas-EOS. Schon als Schüler arbeitet er bei einem Ferienjob im Völkerschlachtdenkmal. Am Gymnasium der meist kirchlich geprägten Thomaner trifft er auf besonders linientreue Lehrer, wie er sagt. „Das war schwer zu verkraften.“ Er hat den Wunsch, Zahnarzt zu werden. Nach dem Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee im Jahr 1983 wartet er auf einen Studienplatz, doch der wird ihm verwehrt. In der Studienlenkung bietet man ihm lediglich ein Studium als Hochschullehrer für Marxismus-Leninismus an – er lehnt ab.

Poser arbeitet da schon beim Museum für Geschichte der Stadt Leipzig (heute: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig) als Fremdenführer, erklärt seinen Gästen das Denkmal in Probstheida. Das Museum delegiert ihn schließlich zum Fernstudium an die Humboldt-Universität in Berlin. Dort macht er gemeinsam mit seinem langjährigen Kollegen Christoph Kaufmann seinen Abschluss als Historiker. Mit der Friedlichen Revolution beginnt eine spannende Zeit – auch am Denkmal. Das Team hält zusammen, repariert auch mal am Wochenende kaputte Stufen, damit es keine Unfälle gibt. Eine Herausforderung wird nicht nur die Sanierung. „Niemand hat sich intensiv mit der wirklichen Geschichte des Denkmals beschäftigt“, erinnert sich Poser. In der DDR ist es geprägt von der deutsch-russischen Waffenbrüderschaft sowie progressiven Traditionen des deutschen Volkes. Historische Unterlagen gibt es im Völkerschlachtdenkmal kaum noch, fast alles ist wohl schon bei der Befreiung Leipzigs durch die US-Armee verschwunden, der Rest dann in der DDR-Zeit. „Deshalb war es nötig, in verfügbaren Archiven Wissen zu sammeln und zu erklären, was das Denkmal mit der Völkerschlacht bei Leipzig zu tun hat“, so Poser. Zunächst wird eine Ausstellung in der Ruhmeshalle entwickelt, um aufzuklären. Und es wird diskutiert, ob die millionenschwere Sanierung des Denkmals – das mehr als ein Aussichtsturm sein muss – überhaupt sinnvoll ist. Das Ergebnis ist bekannt, das Völkerschlachtdenkmal zieht jährlich tausende Leute aus nah und fern an. So kamen im Jahr 2023 über 290.000 Besucher ins Völkerschlachtdenkmal und 96.000 weitere in das angeschlossene FORUM 1813.

Historiker erklärt die Völkerschlacht


Steffen Poser ist ein fleißiger Mensch. Er hat verschiedene Bücher rund um die Völkerschlacht und den steinernen Riesen geschrieben. Sein Hauptwerk ist das vom Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig herausgegebene dicke Buch über das Denkmal. Poser erklärt zudem in einem weiteren Buch „In Schutt und Asche begraben“ den historischen Verlauf der Schlacht. Wer mit Feldherren, Gefechtsorten, Waffen sowie militärischen Begriffen durcheinanderkommt, kann weiterhin eine Art kleines Lexikon nutzen, das unter dem Titel „Völkerschlacht in Stichworten“ erschienen ist. Darin sind beispielsweise die umliegenden Dörfer verzeichnet, die unfreiwillig ins Zentrum des blutigen Gemetzels rückten. Erworben werden kann ein Schuber mit fünf Büchern, in dem ebenfalls ein Kurzführer durchs Denkmal sowie eine Beschreibung der Exponate des im Jahr 1999 eröffneten Forum 1813 enthalten ist. Der Historiker Poser hat ebenfalls Texte transkribiert, um sie für die Nachwelt verständlich zu machen. „Erinnerungen aus meinem Leben“ geht dabei auf Schilderungen von
Walter Bartsch zurück, der am 18. Oktober 1913 seine Eindrücke zur Hundertjahrfeier der Schlacht schildert. Herausgekommen ist eine Beschreibung, wie die Leipziger Innenstadt sowie die Feststraße zum Völkerschlachtdenkmal für die Einweihung aufwändig herausgeputzt werden, ergänzt um historische Fotos.

Ganz wichtig ist Poser das neue Besucherzentrum sowie die Ausstellungen im Denkmalsinneren, darunter die zur jüngsten Baugeschichte in den Katakomben, die derzeit nur für Gruppen zugänglich ist. Persönlich genießt er die Konzerte im Völkerschlachtdenkmal, die aufgrund der Akustik sehr besonders sind. Dort tritt nicht nur der Denkmalchor auf, es gibt auch musikalische Intermezzi. Wie zur Museumsnacht Halle und Leipzig im Jahr 2024 die Performance des Leipziger Schlagzeugensembles Improvising Percussion Sextett.

Kurator für Waffen und Münzen


Natürlich kümmert sich Steffen Poser nicht nur ums Völkerschlachtdenkmal. Im Museum ist er als Kurator Militaria und Numismatik tätig. Zur Militaria-Sammlung gehören 1.500 Objekte inklusive Orden und Ehrenzeichen. Grundstock dafür ist der Fundus des 1827/28 aufgelösten städtischen Zeughauses. Es sind auch Waffen dabei, darunter aus der Völkerschlacht, die gut gesichert aufbewahrt werden. Münzen und Medaillen, Aktien und Wertpapiere gilt es ebenfalls zu betreuen. 10.000 Objekte von Ende des 13. Jahrhunderts bis zur Gegenwart sind im Depot.

Steffen Poser hat ebenfalls die Ausstellung im Schillerhaus neu konzipiert, die am 1. April 2023 eröffnet wurde. Die Idee: Viele Menschen haben kaum noch einen Bezug zu Friedrich Schiller und seinen Werken. Doch der kommt 1785 in einer schwierigen Lebenssituation nach Leipzig-Gohlis. Er ist krank, hat seinen verhassten Job hingeworfen, Behörden sind ihm auf den Fersen, er hat Schulden, Pech mit den Frauen. „Das ist eine Lebenskrise, die jeder nachvollziehen kann“, so Steffen Poser. Doch Schiller hat Glück, lernt Gleichgesinnte um Gottfried Körner kennen, die ihn fördern und so für jenen schönen Sommer in der Landidylle im damaligen Dorf Gohlis sorgen. „Die unverhoffte Freundschaft reißt ihn aus seiner unbefriedigenden Lebenssituation und versetzt ihn in eine Hochstimmung des Glücks. Dieser beseligende Rausch inspiriert ihn im Sommer 1785 zu seiner berühmten Ode ‚An die Freude’, die später von Beethoven in seiner 9. Sinfonie vertont wurde“, sagt Poser. 

Kürzlich hat sich Steffen Poser auch intensiv mit dem Tod auseinandergesetzt. „R.I.P. – Die letzte Adresse“ heißt eine im Jahr 2024 eröffnete Sonderschau im Haus Böttergäßchen, die er gemeinsam mit Ulrike Dura kuratiert hat. Der ledige Historiker ist leidenschaftlicher Kleingärtner, der sich in seiner Parzelle in der „Grünen Gasse“ entspannt.

Stand: 07.05.2024

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Ostfriedhof

Oststraße 119 / Zweinaundorfer Straße | Ortsteil: Anger-Crottendorf

Die Gräber sind zwar etwas versteckt am Friedhofsrand: Der Leipziger Ostfriedhof ist die einzige Begräbnisstätte der Stadt, die ein muslimisches Grabfeld anbietet, das den Bestattungsregeln des Korans entspricht. Die Gräber sind so ausgerichtet, dass die Toten mit Blickrichtung gen Mekka gebettet werden können. Nicht erlaubt ist allerdings, die Toten in weiße Leichentücher zu hüllen und ohne Sarg beizusetzen, wie es die islamische Tradition eigentlich vorschreibt. Das gestattet das sächsische Bestattungsgesetz nicht. Seit 1997 ist es Muslimen möglich, auf dem Ostfriedhof die letzte Ruhe zu finden. Diese Grabanlage ist durch Hecken abgeschirmt, so dass die Angehörigen den Abschied entsprechend ihres religiösen Ritus ungestört ausführen können.

Viele der Gräber sind schlicht gehalten und nur mit dem Namen des jeweiligen Verstorbenen versehen, da ein üppiger Grabschmuck im Islam nicht üblich ist. Einige passen sich allerdings den hiesigen Gepflogenheiten an und bepflanzen ihre Gräber. Der Ostfriedhof, mit etwa 19,8 Hektar nach dem Südfriedhof der zweitgrößte kommunale Friedhof in Leipzig, bietet noch reichlich Platz auch für muslimische Bestattungen, die in unberührter Erde erfolgen sollen.

Eine Besonderheit sind ebenfalls zahlreiche russisch-orthodoxe Gräber. Nach der Oktoberrevolution 1917 sind viele Menschen, die dem Adel oder dem Bürgertum angehören, aus Russland geflohen. Einige zieht es damals nach Leipzig, da es hier seit 1913 die Russische Gedächtniskirche mit der Gemeinde St. Alexi gibt.

Leipzig und der ehemalige Dorffriedhof wachsen


Entstanden ist der 1879 eröffnete Ostfriedhof zunächst als einfacher Dorffriedhof für
Reudnitz und später Anger-Crottendorf. Die Kirchgemeinde St. Trinitatis lässt gleich am Eingang Oststraße eine Trauerhalle errichten, die nicht mehr vorhanden ist. Deshalb wird er auch Trinitatisfriedhof genannt. Ein Verwaltungsgebäude steht aber noch. Leipzig entwickelt sich Anfang des 20. Jahrhunderts immer mehr zur Großstadt, der rasante Zuwachs bei der Bevölkerung lässt die Zahl der Begräbnisse daher ansteigen. Zu Beginn der 1940er Jahre wird die Fläche um mehr als das Doppelte erweitert. Prägend für das Aussehen sind Rundbögen, die es bis heute gibt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg sind Bombenschäden auf dem Friedhof zu beklagen. Notleidende Anwohner nutzen einige Freiflächen zum Anbau von Kartoffeln und anderem Gemüse. Auf dem Ostfriedhof ruhen zahlreiche bekannte Leipziger Persönlichkeiten. Dazu gehört Hermann Eduard Förster, der damals in Reudnitz eine Klavierfabrik betreibt. Mit seinem nahezu zwei Meter großen Marmorstein ist die letzte Ruhestätte von Peter Degner, einem bekannten Leipziger Original, nicht zu übersehen.

Ehrenmal für die Opfer des Krieges


Mehrere Gedenkstellen und Mahnmale, an denen an Jahrestagen regelmäßig Kränze niedergelegt werden, prägen das Bild des parkähnlichen Areals. So wird an die Deserteure der Deutschen Wehrmacht erinnert, die standrechtlich auf dem
Schießstand Bienitz bei Rückmarsdorf erschossen worden sind. Ein sowjetischer Ehrenhain entsteht 1947 zum Gedenken an die gefallenen sowjetischen Soldaten. Sehr imposant kommt das polnische Ehrenmal für die Opfer des Zweiten Weltkrieges daher. Es ist wahrscheinlich das monumentalste und gewaltigste Mahnmal auf dem Ostfriedhof. Mit Bronzetafeln erinnert es an 478 polnische Opfer aus Leipzig. Auf einer benachbarten Fläche stehen gewölbte Bronzetafeln, auf denen die Namen und Daten von Zwangsarbeitern stehen. Darüber hinaus erinnert ein Gedenkort an die Opfer der NS-Euthanasie und Kinder-Euthanasie.

Imposant ist die von Oberbaurat Otto Wilhelm Scharenberg neu errichtete Kapelle, die am 24. April 1902 öffnete. Durch die hohen Bäume am Eingang der Kapelle wirkt sie von weitem etwas versteckt. Im Inneren erwartet die Trauernden ein echter Schatz: ein Glockenspiel aus Meissner Porzellan. Es besteht aus sechs Glocken und ist das älteste Porzellanglockenspiel in Leipzig. Seit 1950 ist es zu bestimmten Tageszeiten sowie auf Wunsch bei Trauerfeiern zu hören. Der Ostfriedhof eignet sich sehr gut für Spaziergänge. Bestattungen unter Bäumen sind dort ebenfalls möglich.

Stand: 20.10.2023

Ökobad Lindenthal

Am Freibad 3 | Ortsteil: Lindenthal

Es ist eine Idylle am Stadtrand: Schilfgras bewegt sich im Wind, Seerosen blühen im Wasser, Frösche quaken. Flusskrebse schwimmen hier ebenso wie verschiedene Fische. Zwischen Seerosen, Schilf und anderen Wasserpflanzen können sich Badende im Ökobad Lindenthal erfrischen – und das alles ohne chemische Zusätze. Die Gemeinde Lindenthal hat damals aus der Not eine Tugend gemacht. Weil Geld für die Sanierung des ehemaligen Freibades fehlte, haben sie nach Südtiroler Vorbild eine einzigartige Badelandschaft geschaffen.

Das Ökobad öffnete am 11. September 1998 – als deutschlandweit erstes seiner Art. Zur Eröffnung erklang Georg Friedrich Händels Wassermusik. Mittlerweile hat Leipzigs kleinstes Freibad trotz der benachbarten Seen im Norden Leipzigs eine große Fangemeinde. Und die feierte am 29. Juni 2024 eine große Tradition: 100 Jahre Freibad in Lindenthal. An diesem Tag durften alle für 100 Cents rein.

Die Dorfjugend in Lindenthal erfrischt sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts im Sandteich. Aus diesem entsteht zwischen 1922 und 1924 ein modernes Volksbad. Eine 50-Meter-Bahn für Wettkämpfe darf ebenso nicht fehlen wie ein Sprungturm, ein Planschbecken sowie Toiletten und Umkleidekabinen. Das Bad wird rege genutzt – auch für den Schwimmunterricht. In der 1970er-Jahren wird der Verfall der Anlage allerdings immer sichtbarer – die Baukapazitäten für eine notwendige Modernisierung fehlen wie in vielen Bereichen der DDR. Der Sprungturm muss gesperrt und abgebaut werden. Um die Attraktivität des Bads zu erhöhen, wird nach der Friedlichen Revolution zwar einiges investiert. 1992 entsteht eine 40-Meter-Großwasserrutsche. Es fließt Geld für Duschen, Kiesstrand und Liegewiese, Toiletten, Sauna und Umkleidekabinen. Dadurch kann das Bad jedoch nicht gerettet werden. Bevor es dann 1995 schließt.

Pilotprojekt mit wissenschaftlicher Unterstützung


Nachdem alle Versuche, das Bad auf konventionelle Weise zu sanieren, aus finanziellen Gründen scheitern, wagt die damalige Gemeinde Lindenthal das Experiment mit einer ökologischen Anlage. Ohne Unterstützung des Freistaates Sachsen, lediglich aus Eigenmitteln, entschließt sich der Gemeinderat im Frühjahr 1998 für den Umbau der Becken zum ökologischen Badeteich. Die Pläne stammen vom Architekturbüro Torsten Markurt aus
Lützschena-Stahmeln.

Es wird ein Pilotprojekt, das seinesgleichen sucht. Wissenschaftlich begleitet wird es damals vom Zoologischen Institut der Universität Leipzig. Statt der üblichen Filtration mit Flockungs- und Desinfektionsmitteln setzt das Lindenthaler Bad auf die Selbstreinigungskraft der Natur. Die Gemeinde, die zum 1. Januar 1999 nach Leipzig eingemeindet wurde, investiert drei Millionen Mark in den Umbau. Nach der Startphase im September 1998 geht es im Mai des folgenden Jahres so richtig los. Dennoch wird es ein Testbetrieb – die Zahl der Besucher wird zunächst auf 300 begrenzt. Badleiter Rainer Lademann und sein Team müssen den Wartenden oft erklären, warum sie nicht in die Anlage hinein dürfen.

Natur sorgt für reines Wasser


Wasserpflanzen und Mikroorganismen sorgen für die biologische Regeneration des Badeteichs. Fast 10.000 Pflanzen entziehen dem Wasser unerwünschte Nährstoffe. Mikroben und tierisches Plankton „fressen“ Schwebestoffe, Algen und schädliche Bakterien einfach auf. Für eine zusätzliche Reinigung sorgt eine Wurzelraum-Kläranlage.

Das Schwimmbad hat eine Größe von etwa 5.000 Quadratmetern. Zum Baden steht eine Fläche von 2.200 Quadratmetern bereit. Neben dem Baby- und Kleinkinderareal gibt es einen ausgedehnten Nichtschwimmerbereich, der durch eine Brücke von der Tiefzone getrennt ist. 2016 sanieren die Leipziger Sportbäder das Ökobad von Grund auf. 6.000 neue Pflanzen kommen ins Biotop, die Stege werden erneuert. Seitdem unterstützt auch eine Kiesfilteranlage die ökologische Wasserreinigung.

Hygiene der Gäste ist sehr wichtig


Für das Funktionieren der Badeanlage tragen die Gäste eine große Verantwortung. So sollte vor dem Sprung ins Wasser eine gründliche Körperhygiene erfolgen. Abgesperrte Beckenbereiche dienen der Regenerierung und müssen daher unberührt bleiben. Die Wasserqualität wird wöchentlich vom Leipziger Gesundheitsamt geprüft. Daher kann es an heißen Sommertagen mit viel Publikumsverkehr durchaus passieren, dass der Zugang begrenzt werden muss. Für Kinder gibt es neben der großen Liegewiese auch einen Spielplatz in Schiffsform.

Stand: 17.07.2024

Bildergalerie - Ökobad Lindenthal

Historisches Bildmaterial - Ökobad Lindenthal

Mariannenpark

Adenauerallee, Rohrteichstraße, Schönefelder Allee | Ortsteil: Schönefeld

„Frieden“, ein menschliches Grundbedürfnis, ist in verschiedenen Sprachen auf den Bodenplatten zu lesen. Das deutet auf die Sprachvielfalt der Menschen hin, die in Schönefeld wohnen und natürlich den Mariannenpark nutzen. Das ist ganz im Sinne von Leberecht Migge, dem Schöpfer der Anlage. Er entwirft zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine neue Generation von Volksparks, die einer breiten Bevölkerung für Erholung, Sport und Spiel dienen soll. Der Ausbau der Anlage beginnt 1913. Damit ist Schönefeld, 1915 eingemeindet, dem damals benachbarten Leipzig weit voraus. Der Volkspark, der erst seit 1931 den Namen Mariannenpark trägt, erlebt eine wechselvolle Geschichte.

Die soll dank der neuen Informationstafeln nicht in Vergessenheit geraten. Sie werden im April 2024 eingeweiht, als die Bürgermeister Heiko Rosenthal und Thomas Dienberg den umgestalteten, ehemaligen Ernst-Thälmann-Hain sowie einen neu gestalteten Fitnessplatz an der Rohrteichstraße der Öffentlichkeit übergeben.

Das Testament der Baronesse von Eberstein


Der Mariannenpark ist mittlerweile 22,3 Hektar groß und Ausgangspunkt eines reizvollen Wanderweges entlang der
Parthe. Seine Ursprünge gehen auf Clara Hedwig Baronesse von Eberstein zurück. Die kinderlose Adelige gründet 1881 eine Stiftung für ledige Töchter höherer Beamter und Militärs, die sie nach ihrer Mutter Marianne Freifrau von Eberstein benennt. Sie verfügt, dass Schloss, Gut und Ländereien in den Besitz der Stiftung übergehen. Ihr Wunsch: Der herrschaftliche Park, die alte schöne Lindenallee sowie „das Stück Feld westlich der Allee“ sollen so lange als möglich unbebaut und erhalten bleiben.

Bereits drei Jahre nach dem Tod der Baronesse beschließt der Gemeindevorstand von Schönefeld im Jahre 1903, „das westlich der Lindenallee gelegene Feld als Park oder durch Anpflanzung parkähnlich herzurichten“. Den Zuschlag dafür erhält der bereits erwähnte Leberecht Migge, der auf eine bislang neue architektonische Gestaltungsweise setzt.

Ein Park für das Volk mit Sport- und Spielplätzen


Dafür charakteristisch sind klar voneinander abgegrenzte, regelmäßig angelegte Parkräume mit unterschiedlichen Funktionen, die durch gerade und breite Wege sowie Pflanzungen voneinander getrennt werden. So entstehen weitläufige Sport- und Spielbereiche, darunter für den noch jungen Fußball, und ein Rodelhügel. Migge entwirft eine monumentale Mittelachse, die im Zwickel von Lindenallee und Rohrteichstraße mit einer Promenade beginnt. Auch ein großes rechteckiges Wasserbecken sowie ein Gesellschaftshaus sieht er vor. Dabei greift er auch vorher existierende städtebauliche Pläne auf, die eine 20 Meter breite Verbindungsstrasse zwischen Wohngebäuden im Osten und Westen samt Ulmenallee mitten durch den künftigen Park vorsehen. Die Trasse wird beim Bau der anderen Parkelemente zunächst freigehalten, als Straße allerdings nie errichtet. Der Bereich bekommt erst in den 1970er Jahren eine besondere Bedeutung – als der Ernst-Thälmann-Hain geplant wird.

Der Entwurf Migges für den Volkspark stößt auch auf Widerstand. Der Leipziger Gartendirektor Carl Hampel legte eine eigene Variante vor, die jedoch abgelehnt wird. Mit der Eingemeindung Schönefelds 1915 fällt der Volkspark Schönefeld allerdings in seine Amtshoheit. Der Düpierte löst sofort den Vertrag mit Migge auf und stoppt den weiteren Ausbau des Parkes – darunter das geplante Bassin. Viele Arbeiten ruhen ohnehin – es ist die Zeit des Ersten Weltkrieges. Hampel geht 1920 schließlich in den Ruhestand.

Nachfolger Nicolaus Hermann August Molzen überarbeitet die Pläne, bemüht sich dabei, die Formensprache von Migge aufzunehmen. Ab Frühjahr 1924 lädt beispielsweise der von Molzen konzipierte Staudengarten zum Spaziergang ein. Auf Bassin und Gesellschaftshaus verzichtet er. Stattdessen plant er eine Zugangspromenade und eine Kriegergedächtnisstätte, um die im Ersten Weltkrieg Gefallenen zu ehren. Die Gedächtnisstätte wird allerdings nicht errichtet. Im April 1928 wurde der Mariannenpark endgültig fertiggestellt.

Ein Thälmann-Hain mit Appellplatz


Den Zweiten Weltkrieg übersteht der Mariannenpark ohne größere Schäden, obwohl der Volkssturm auf dem Rodelberg und den Wiesen Flakgeschütze einsetzt. Im Jahre 1952 übernimmt der VEB Garten- und Landschaftsbau die Pflege. Eine erste Veränderung ist 1954 der Bau eines Wochenheims für Kinder von Eisenbahnern im nordöstlichen Parkteil. Später entsteht eine Freilichtbühne sowie ab Mitte 1972 der „Ernst-Thälmann-Ehrenhain“.

Geehrt wird der ehemalige KPD-Vorsitzende und antifaschistische Widerstandskämpfer Ernst Thälmann, der Vorbild für die Jugend in der DDR wird und dessen Namen die Pionierorganisation trägt. 1974 wird im Hain eine sechs Meter breite Wegeverbindung aus Platten sowie ein Appellplatz mit Mauern, die die Lebensdaten Thälmanns zeigen, befestigt. Aufgestellt wird eine Bronzebüste Thälmanns, die die Bildhauerin Ruthild Hahne auf einem Sockel aus Porphyrblöcken schafft. Es gibt auch ein Rosenbeet, Pflanzkübel und Fahnenstangen, da der Appellplatz für Gelöbnisse und Vereidigungen, etwa für Soldaten der Nationalen Volksarmee, dient. Ende der 1970er Jahre lässt die Stadtverwaltung im Mariannenpark aus Anlass des Sportfestes ein Großschachfeld, Tischtennisplatten, Anlagen für Minigolf, Pendelbahn und andere Sportgeräte aufstellen. Die Freilichtbühne wird 1978/79 neugestaltet.

Vom Gedenkort zum Denkort


Nach der
Friedlichen Revolution verliert der Thälmann-Hain seine ideologische Bedeutung. Schriftzüge und Teile der Anlage werden rückgebaut. Wie der gesamte Mariannenpark steht diese aber unter Denkmalschutz. Bereits 1991 wird das Areal – ebenso wie der im Norden angrenzende Schlosspark Schönefeld mit Schloss und Kirche sowie das Grab der Familie von Eberstein – in die Kulturdenkmalliste des Landes Sachsen aufgenommen. Der ehemalige Ehrenhain wird in den vergangenen Jahren vor allem als Wegeverbindung genutzt. Inzwischen ist er saniert, vom Gedenkort zum Denkort umgestaltet. Neue Sitzgelegenheiten, kleine Spielangebote, Stelen zur Geschichte sowie kleine Tafeln zu Naturschutzthemen sind entstanden. Auf dem neuen Fitnessplatz an der Rohrteichstraße wurden eine Kraftsportanlage sowie viele Geräte zum Trainieren aufgestellt. Bei der Neugestaltung bezog man die Bürger mit ein. Sie wünschen sich noch eine Gaststätte sowie kulturelle Angebote. Diskutiert werden mobile Varianten sowie eine teilweise Nutzung des Gärtnerhauses. Der Rosengarten ist mit Hilfe der Stiftung Bürger für Leipzig ebenfalls erneuert worden.

Ein beliebtes Naherholungsgebiet in Leipzig


Trotz der im Laufe der Zeit vorgenommenen Änderungen hat der Mariannenpark seinen ursprünglichen Charakter weitgehend bewahren können. Elemente, wie die Laubengänge, sind verschwunden. Ob nun beim Joggen, Picknicken, Spazierengehen, Toben auf den Spielplätzen oder bei gutem Wetter einfach ausspannen – der Mariannenpark ist ein beliebtes Naherholungsgebiet für Leipzig und Umgebung. Ein Park für das Volk eben, wie von den Stiftern und Gestaltern einst gewünscht.

Stand: 17.04.2024

Kühne, Armin

Fotograf, Bildreporter | geb. am 24. September 1940 in Leipzig, gest. am 25. Mai 2022 in Leipzig

Er mochte es gar nicht, fotografiert zu werden. Dabei ist der Bildreporter Armin Kühne mehr als 40 Jahre selbst mit der Kamera unterwegs, um seine Stadt Leipzig im Bild festzuhalten. Im Mai 2022 verstirbt er im Alter von 81 Jahren. Doch der „Negativ-Millionär“, wie er oft bezeichnet wird, hat seiner Stadt ein bleibendes Geschenk hinterlassen. Das sind Zehntausende von Bildern, auf denen Armin Kühne die Entwicklung der Stadt Leipzig festgehalten hat. Und natürlich seine gemeinsam mit Niels Gormsen herausgegebenen Bücher über den Wandel der Stadt nach der Friedlichen Revolution. Sein Fotoschatz, Millionen Fotos aus der Zeit ab 1967 bis kurz vor seinem Tod, wird heute im Universitätsarchiv der Universität Leipzig aufbewahrt.

Kühne ist gebürtiger Leipziger, wächst in Schönefeld und Gohlis mit zwei Brüdern auf, und hat immer in „seiner Stadt“ gelebt. Die Fotografie fesselt ihn seit frühen Jahren, als er im Wäscheschrank der Eltern hinter Bettlaken und Tischdecken eine Agfa-Box mit Rollfilmen entdeckt. Sein Weg nach der Schulzeit führt ihn zunächst in die sozialistische Produktion. Er macht eine Lehre als Stahlbauschlosser und studiert anschließend Maschinenbau. Als Ingenieur landet er beim Wirtschaftsrat des Bezirkes Leipzig sowie schließlich als Direktor für Forschung und Entwicklung im VEB Famos, der Werkzeuge und Spielwaren produzierte. Doch die Leitungsebene behagt ihm nicht. Nach einem Misstrauensantrag im Betrieb steigt er 1979 dort aus und stürzt sich in das Abenteuer, seine bislang als Hobby betriebene fotojournalistische Tätigkeit zum Beruf zu machen. Die Fotografie gibt ihm neuen Halt.

Er hat Kontakt zu vier Lokalzeitungen in Leipzig, an die er regelmäßig Fotos verkaufen kann. Für 15 DDR-Mark pro Foto, wie er später sagt. Das klingt zwar wenig, bei einer Miete von 44 DDR-Mark kann er davon aber auskömmlich leben. „Da ich kein Telefon hatte und sich nie die Chance bot, eins zu bekommen, wurden mir viele meiner Aufträge per Telegramm mitgeteilt. Fast jeden Tag klingelte der Bote“, erinnert sich Kühne später in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung (LVZ). Wenigstens einen Trabi ergattert er nach Fürsprache durch die Zeitungsredaktionen – nach immerhin „nur“ sechs Jahren Wartezeit.

Kopfschütteln für Fotos mit verfallenen Häusern


Die Chefredakteure von Sächsischem Tageblatt, Die Union, Mitteldeutschen Neuesten Nachrichten unterstützen Kühnes Antrag auf Zulassung als freiberuflicher Fotoreporter. Er fotografiert auch für die Leipziger Volkszeitung. Anfänglich steht dort oft Volkskorrespondent unter seinen gedruckten Bildern. Seine Filme entwickelt Armin Kühne daheim in Küche und Bad. Und er baut Beziehungen zum Fachgeschäft „Foto – Kino – Optik“ in der
Hainstraße auf, um regelmäßig an die hochempfindlichen Filme zu kommen. Denn die waren in der Mangelwirtschaft ebenso wie neue Technik nicht so ohne Weiteres erhältlich.

Bereits in den 1980er-Jahren beginnt er, den Verfall Leipzigs mit der Kamera festzuhalten. Wohlwissend, dass diese Bilder in der LVZ, damals Bezirkszeitung der SED, nicht gedruckt werden. Doch er möchte den Alltag ungeschönt dokumentieren. In Leipzig gibt es nicht nur die Neubaugebiete wie Grünau und Paunsdorf. Kühne erntet manches Kopfschütteln, warum er das Grau und die verfallen Häuser in Leipzig ablichtet. „Ruinen schaffen ohne Waffen“ ist damals ein weit verbreiteter Slogan, mit dem die Opposition den Zustand beschreibt. An vielen Gebäuden sind Dächer kaputt, an den Fassaden bröckelt der Putz, in Wohnungen breitet sich der Schimmel aus.

Ein Buch über den Wandel Leipzigs


Die Bilder erweisen sich im Nachhinein als Schatz. Leipzig ist im Bauboom. Kühnes große Stunde kommt, als der pensionierte Baubürgermeister
Niels Gormsen bedauert, dass er den früheren Zustand der Häuser nicht mehr zeigen könne. Fünf Jahre ist Gormsen damals Baustadtrat und hat die Idee, die sanierte Stadt mit dem Zustand der Stadt zu seiner Amtsübernahme 1990 zu vergleichen. Doch von dieser Zeit gebe es keine oder kaum Bilder? Wenig später schleppt Fotochronist Armin Kühne Kisten mit Aufnahmen in Papier ins Gästehaus der Stadt in der Wächterstraße, in welchem Gormsen wohnt. Gormsen möchte ein Buch machen und findet zunächst keinen Verlag. Daher geht er das Risiko ein und finanziert das Buch aus eigener Tasche. Das ist der Beginn eines Bestsellers. Zur Expo 2000 gelangt das Buch „Leipzig. Den Wandel zeigen“ in die Regale der Buchhandlungen. Zahlreiche Neuauflagen und ein Nachfolgebuch gibt es seitdem – mittlerweile im Leipziger Passage-Verlag erschienen.

Kühne hat für viele Bücher Fotos beigesteuert. Und hat auch im betagten Alter Lust, ein weiteres Buch zu machen. Dafür klettert er sogar auf Kirchtürme, Wohnhäuser und Hügel und fotografiert Leipzig „aus halber Höhe“. Sogar vor einem „Stundenzimmer“ in einem Hotel scheut er nicht zurück, um die richtige Perspektive für die Kamera zu haben. Entstanden sind 180 Perspektiven, die man in dieser Dichte so vorher noch nicht gesehen hat und bei denen selbst viele Leipzig-Kenner überlegen müssen, von wo sie aufgenommen worden sind. „Leipzig aus halber Höhe“ erscheint im Lehmstedt-Verlag. Wieder mit einem Text von Niels Gormsen.

Fotosammlung geht ans Universitätsarchiv


Leipzigs Universität versuchte derweil, Lücken in der Bilddokumentation ihrer Geschichte zu schließen. Mit Kühne wird verhandelt, Fotos aus den 1990er Jahren anzukaufen. Und der Archivdirektor staunt nicht schlecht, was Kühne für einen Negativschatz bewahrt. Und konnte nicht widerstehen, diesen für das Universitätsarchiv zu sichern. 2013 kauft das
Universitätsarchiv Leipzig die umfangreiche Fotosammlung des Leipziger Pressefotografen. Diese umfasst rund 2,5 Millionen Fotos aus der Zeit von 1967 bis in die Gegenwart. Kühne fotografiert auf Rollfilm. Die Negative hat er nach dem Entwickeln in Streifen geschnitten, in Fototaschen aus Pappe gesteckt und beschriftet. Das Archiv will sie alle digitalisieren.

Bis über seinen 80. Geburtstag hinaus hat Kühne weiter fotografiert – auch für die LVZ. Natürlich längst mit diversen digitalen Kameras. Er hatte immer eine dabei, und sei es nur die Kleine in der Jackentasche. Nach schwerer Krankheit und einer Amputation des Unterschenkels stirbt Armin Kühne im Mai 2022. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Gohlis. Und wer in der Grünanlage zwischen Hauptbahnhof und Seaside Park-Hotel genau schaut, findet eine Platane, die ihm die Familie schon zum „80.“ gepflanzt hat.

Stand: 16.05.2024

Bildergalerie - Kühne, Armin

Junhold, Jörg

Zoodirektor, Tierarzt, Marketingfachmann | geb. am 25. März 1964 in Ortrand (Brandenburg)

Er krempelt die Ärmel hoch und scheut sich nicht vor gigantischen Projekten. Und es mag sich der ein oder andere gedacht haben, ob er nicht einfach ein wenig übertreibt. Doch Jörg Junhold, der seit 1997 Direktor des Zoos Leipzig ist, hat seine Visionen Wirklichkeit werden lassen. Die meisten Teile seines Masterplans „Zoo der Zukunft“ sind inzwischen realisiert. Ganesha Mandir, Makasi Simbar, die Tropenerlebniswelt Gondwanaland im Zoo Leipzig und Co. sind zu kleinen Paradiesen für die Tiere sowie zu einem Magneten für Besucher geworden. Die enge Käfighaltung von Tieren gehört längst der Vergangenheit an. Und die Leipziger Einrichtung katapultiert sich dank Junhold und seinem Team regelrecht an die internationale Spitzengruppe der Zoolandschaft.

Geboren wird Jörg Junhold 1964 in Ortrand (Landkreis Oberspreewald-Lausitz). Die Polytechnische Oberschule besucht der Tierarztsohn in Bönitz. Es folgt von 1980 bis 1983 eine Ausbildung an der Betriebsschule des BMK Kohle und Energie in Riesa, die er als Baufacharbeiter und mit dem Abitur verlässt. Eigentlich will er Architekt werden, entscheidet sich dann aber doch lieber für einen Berufsweg als Veterinär. Nach dem Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee absolviert er ab 1985 ein fünfjähriges Studium der Veterinärmedizin an der Universität Leipzig. Ein Jahr danach hat er die Approbation als Tierarzt in der Tasche, tritt ein Forschungsstudium an der Chirurgischen Tierklinik der Universität Leipzig an. 1994 wird er promoviert.

Als „unbeschriebenes Blatt“ zum Zoodirektor


Weil er sich neben dem Studium etwas dazuverdienen möchte, bereist er als Tierfuttervertreter mit Probebeuteln von Whiskas, Frolic und Co. den Osten Deutschlands. Sein Verkaufstalent und Geschick fallen auf, er bekommt schließlich einen Job in der westdeutschen Zentrale der Effem GmbH Verden. Bei der Tochter der Firma Mars bleibt er bis 1997 und erledigt Aufgaben als Marketingmanager in verschiedenen Positionen. „Management liegt mir einfach, ich habe schon immer gerne organisiert“, erzählt er später im Interview. Das hätte so weiter gehen können, auch in der großen weiten Welt. Doch ein Leipziger Freund ruft an, erzählt von der Suche nach einem neuen Zoodirektor. In Leipzig sei jemand gefragt, der sich sowohl mit Tieren als auch mit Marketing auskennt. 

Junhold zögert nicht und bewirbt sich. Er ist ebenso in der Fachwelt wie in der Leipziger Politik ein eher unbeschriebenes Blatt. Der promovierte Tierarzt überzeugt jedoch alle mit seinen Ideen. Im November 1997 beginnt sein Abenteuer Zoo als Direktor und Geschäftsführer der Zoo Leipzig GmbH.

Neubeginn mit naturnahen Gehegen


Leipzigs einstiger Besuchermagnet befindet sich in dieser Zeit in einem Sinkflug. Die Gehege sind zu klein, veraltet und die Haltung der Tiere hinter Gittern alles andere als zeitgemäß. Das ist auch an den Besucherzahlen zu spüren. Waren es 1989 noch 1,56 Millionen Gäste im Jahr, zählte man gerade mal noch 687.000 im Jahr 1996. Tierfreunde können inzwischen weit reisen und sich vielen interessanten Zielen in aller Welt zuwenden. Ein großer Neubeginn hin zu naturnahen, großzügigen Gehegen ist das Gebot der Stunde. Den Neustart liefern Junhold und sein Team mit dem Masterplan zum „Zoo der Zukunft“, der sechs große Themenbereiche beeinhaltet.

Die Idee hat allerdings die Konsequenz, dass die Artenvielfalt drastisch reduziert werden muss. Schließlich soll für einzelne Tierarten wesentlich mehr Platz geschaffen werden. Nur so kann für sie ein Lebensraum modelliert werden, der einem Leben in der Natur zumindest nahekommt. Mit seinem Team trifft Junhold sich zur „Spinnstunde“ an einer Art Rundem Tisch, um Ideen zu entwickeln. Das Konzept vom „Zoo der Zukunft“ wird im Jahr 2000 erstmals öffentlich vorgestellt und im Juni 2000 einstimmig vom Stadtrat beschlossen.

Pongoland begeistert Fachwelt und Besucher


Bis das gelingt, muss Junhold mit der Stadtverwaltung und der Politik viel reden, sich Verbündete suchen und Geld einwerben. Der Umbau des Zoos ist immerhin millionenschwer. Doch auch
Oper, Gewandhaus, bröckelnde Häuser etc. benötigen dringend Geld und werden so zur Konkurrenz. Dann kommt allerdings ein wenig Glück ins Spiel: Leipzig erhält den Zuschlag, mit Geld vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, eine neue Menschenaffenanlage samt Forschungsstation zu bauen. Pongoland, die weltweit einzigartige Menschenaffenanlage, wird am 1. April 2001 eröffnet. Die Fachwelt und die Besucher sind begeistert, gleich im ersten Jahr kann der Zoo wieder mehr als eine Million Besucher zählen. Die Menschenaffen-Anlage etabliert sich als Arbeitsplatz für Wissenschaftler aus der ganzen Welt.

Das neue Zoogefühl wird dank Junhold „gitterfrei, naturnah, großzügig.“ Und die Tierlandschaft entwickelt sich zum Naturerlebnispark, angereichert mit Gastronomie, Shops und Veranstaltungsflächen. Weitere Bereiche wie Tiger-Taiga, die Kiwara-Savanne und der Elefantentempel Ganesha Mandir folgen in den nächsten Jahren. Das Prunkstück des Masterplanes wird Gondwanaland, die Riesentropenhalle. Sie verschlingt allein gut 70 Millionen Euro. Die nicht nur im Winter gut besuchte Dschungellandschaft erweist sich als Joker für den Zoo. Die ehemalige Bärenburg wird zum Abenteuerspielplatz für Kinder. Am Ende ist Junhold mit seiner Erfolgsgeschichte noch lange nicht. Nach dem Aquarium wird 2024 das Terrarium saniert.

Weitere Bereiche wie das Feuerland, eine spektakuläre Wasserwelt, mit dem 140 Meter langen, weitgehend verglasten Unterwassertunnel sind noch im Entstehen. Ist diese Wasserwelt fertig, können die Besucher dann den Robben beim Tauchen zuschauen und zwischen Pinguinen schlendern.

Asiatische Inselwelten sind in Planung


Planer arbeiten bereits an den Asiatischen Inselwelten, dem letzten Vorhaben aus dem Masterplan zum „Zoo der Zukunft“. „Unser Ziel ist es, 2028 zum 150. Geburtstag des Zoos komplett fertig zu sein“, kündigt Junhold an, der seit 2013 Honorarprofessor der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig ist. Seit September 2005 gehört der Leipziger, der mit seiner Familie in
Panitzsch lebt, dem Vorstand des Weltverbandes der Zoos und Aquarien (WAZA) an. Vier Jahre später, im Oktober 2009, wird er in St. Louis (USA) bereits Vizepräsident und zugleich als kommender Präsident für die Amtszeit von 2011 bis 2013 bestätigt. Zwei Jahre leitet er den Weltverband der Zoos und Aquarien mit 326 Mitgliedern. Dieses Spitzenamt hat ihn auf fast alle Kontinente geführt.

Hat er jemals Angst vor der eigenen Courage bekommen? „Ich hatte immer Respekt vor dieser Riesenaufgabe“, sagt Visionär Junhold. Aber eben auch Grundvertrauen in das gesamte Zooteam, mit dem diese Aufgabe zu bewältigen ist. Der Erfolg gibt ihm recht: 2023 kommen wieder 1,9 Millionen Besucher, 2022 waren es mit 1,87 Millionen nur geringfügig weniger. Im April 2024 verlängerte der Aufsichtsrat des Zoos den Vertrag Junholds, dessen Lieblingstiere die Elefanten sind, bis 2031.

Parallel zur Umsetzung des Masterplans hat der Professor den Zoo Leipzig nicht nur zu einem touristischen Anziehungspunkt weit über die Stadtgrenzen hinaus entwickelt, sondern ihn auch als Natur- und Artenschutzzentrum etabliert. Das Engagement für bedrohte Arten und Lebensräume reicht vom regionalen Projekt für den vom Aussterben bedrohten Feldhamster bis zum internationalen Schutz hochbedrohter Primaten in Vietnam. „Der Zoo der Zukunft‘ ist ein Ort der Bildung, des Artenschutzes und der Freizeitgestaltung. Er ist Teil der Lösung bei der Rettung bedrohter Tierarten und er ist Brücke in die natürlichen Lebensräume, die es zu kennen und zu schützen gilt. „In den kommenden Jahren wollen wir den Artenschutz und die wissenschaftliche Forschung weiter ausbauen“, formuliert Junhold die Ziele auf diesem Gebiet.

Junhold wird Fußballbotschafter


Als Botschafter der UEFA EURO 2024 ist Jörg Junhold das Gesicht des Spielortes Leipzig. Er wirbt dafür, bei einer Waldmeisterschaft für jedes der vier Leipziger Spiele 2024 Bäume zu pflanzen. Hintergrund: Die deutschen Wälder leiden stark unter Stürmen, Trockenheit und Schädlingen. Das Vorhaben gelingt und der Leipziger Zoodirektor ist mit rund 8.100 Setzlingen der größte Baumpflanzer Sachsens geworden – und möchte das Engagement mit weiteren Pflanzungen fortsetzen. Junhold ist Fußballfan. Kein Wunder, dass sich der Konzertgarten vom Leipziger Zoo zur Fußball-EM in ein sogenanntes „Stadion der Träume“ verwandelte. Träumen kann Junhold. Und er schafft es auch, diese in die Tat umzusetzen.

Stand: 15.07.2024

Bildergalerie - Junhold, Jörg

GRASSI Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig

Johannisplatz 5-11 | Ortsteil: Zentrum-Südost

Glockengeläut ruft die Menschen zum Gottesdienst, Fiedler und Geiger unterhalten die Menschen, seit 1599 musizieren in Leipzig die Stadtpfeifer auf dem Balkon des Alten Rathauses. Viele dieser Klänge und Töne haben mit Musikinstrumenten zu tun. Eine Vielzahl historischer Instrumente sind im GRASSI Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig zu sehen. Das begibt sich auf eine Suche nach dem vollkommenen Klang. So jedenfalls ist die Dauerschau überschrieben, die ihren Besuchern viele Kostbarkeiten zeigt. Um die Unikate zu schützen, sind viele davon wohl behütet unter Glas. Nur wenige können noch ein klingendes Zeugnis davon ablegen, wie sich die Musik zu ihrer Zeit tatsächlich anhörte. Doch auch kunsthandwerklich betrachtet sind viele Ausstellungsstücke eine Augenweide. Details wie Intarsien, Malereien oder Ziselierungen lassen den Betrachter heute erahnen, welche hohe Wertschätzung die jeweiligen Besitzer ihren Instrumenten entgegenbrachten.

Mehr als 5.000 Musikinstrumente aus fünf Jahrhunderten gehören zu der bedeutenden Sammlung, für die der holländische Musikverleger Paul de Wit 1886 den Grundstock legt. Er gründet sein Musikhistorisches Museum im heutigen Bosehaus am Thomaskirchhof 16. Seine Instrumente bringt er dort gelegentlich auch zum Klingen.

Historische Sammlung kommt ins Grassimuseum


1905 verkauft Paul de Wit die Sammlung an den Papierfabrikanten
Wilhelm Heyer aus Köln, der 1913 das „Musikhistorische Museum Wilhelm Heyer“ eröffnet. Nach seinem Tod wird die Sammlung erneut verkauft – 1926 geht sie in den Besitz der Universität Leipzig über.

Das ermöglicht Henri Hinrichsen, der Inhaber des renommierten Musikverlages C. F. Peters. Er spendet die gewaltige Summe von 200.000 Mark. Der sächsische Staat gibt weitere 600.000 Mark hinzu. Als Domizil bietet die Stadt Leipzig für die Sammlung den Nordflügel des neu erbauten Grassimuseums am Johannisplatz an. Am 30. Mai 1929 eröffnet, dient das Musikinstrumentenmuseum als Teil der Universität der Forschung und Lehre.

Dort erlebt die Sammlung eine wechselvolle Geschichte, was auch mit dem anglo-amerikanischen Bombenangriff am 3./4. Dezember 1943 zu tun hat. Dabei brennt das Grassimuseum fast vollständig aus. Viele Originale der Sammlung können nicht mehr gerettet werden. Es gibt aber auch Schäden an ausgelagerten Beständen sowie Verluste durch unsachgemäße Lagerung und Diebstähle in der Nachkriegszeit. Dennoch besitzt das Museum die größte Sammlung ihrer Art in Deutschland und nach Brüssel die zweitgrößte in Europa. Anfang der 1950er-Jahre öffnet sie wieder schrittweise für die Öffentlichkeit.

1981 müssen die drei Grassi-Museen (Kunsthandwerk, Völkerkunde und Musikinstrumente) nach einer Heizungshavarie geschlossen werden, können erst schrittweise wieder öffnen. In den Jahren 2000 bis 2005 wird das komplette Haus rekonstruiert und modernisiert. Im April 2006 meldet sich das Musikinstrumentenmuseum mit der ersten Ausstellungsfläche zurück.

Eine Suche nach dem vollkommenen Klang


Mehr als 5.550 Instrumente sind heute im Nordflügel des Grassimuseums ausgestellt.
Eszter Fontana, Direktorin des Musikinstrumentenmuseums bis 2013, hat die legendäre Sammlung konzeptionell ins neue Jahrtausend geführt und neu erschlossen. Sie begibt sich mit ihrem Team auf die Suche nach dem vollkommenen Klang. Zu sehen sind nach wie vor Kostbarkeiten, wie das älteste datierte Clavichord aus dem Jahre 1543. Es gibt jedoch viele neue Angebote wie ein Klanglabor, wo beispielsweise ein Plexiglasklavier zum Ausprobieren steht. Im Klanglabor kann erkundet werden, wie ein Klang überhaupt entsteht, wie ein Ton erzeugt werden kann und wie Instrumente von innen aussehen. Besucher dürfen Instrumente wie Clavichord und Cembalo testen, eine Windmaschine und transparente Orgel ausprobieren oder auf einer Trommel heiße Rhythmen spielen – anders als bei den Originalen der Ausstellung ist das sogar erwünscht.

Eine Kostbarkeit und Augenweide der Ausstellung ist der älteste original erhaltene Hammerflügel der Welt, den Bartolomeo Cristofori im Jahre 1726 gebaut hat. Ihm gelang es als erstem, eine funktionstüchtige Mechanik zu konstruieren, die den Anschlag der Saiten durch Hämmer mit einer Tastatur koppelt. Die Oberfläche des Instrumentes ist im Chinoiserie-Stil bemalt und mit Menschen, Tempeln, Blumen, Elefanten und anderen in Gold und Silber gehaltenen Motiven verziert.

Das Museum zeigt natürlich nicht nur Flügel und Klaviere. Wer es besucht, bekommt einen Überblick über die Entwicklung des europäischen Instrumentariums von der Renaissance bis zur Gegenwart. Aber auch Kuriositäten wie Geigen und Flöten in Form eines Spazierstockes, Giraffenflügel, ein „musizierendes“ Spinnrad sowie ein zusammenklappbares Reisecembalo sind zu bewundern.

Konzerte und Tänze im Zimeliensaal


Erinnert wird an
Johann Sebastian Bach, in dessen Wohnung mehrfach bekannte Lautisten musikalisch wetteifern. Instrumente der Barockzeit sind auch zu sehen. Im Zimeliensaal erklingen regelmäßig Konzerte auf historischen Instrumenten. Barocktanz in historischen Kostümen ist ebenfalls hin und wieder zu erleben. Im Bereich der Blechblasinstrumente ist neben verschiedenen Hörnern und Trompeten, wie sie in Militärblaskapellen verwendet werden, auch ein grotesk ins Riesenhafte ausgedehntes Kontrabass-Saxophon zu besichtigen.

Leipzig ist viele Jahrzehnte die Welthauptstadt der Musikautomaten. So existieren in den Jahren zwischen 1876 und 1930 in Leipzig mehr als 100 Fabriken und Werkstätten für den Bau selbstspielender Musikinstrumente. Den Schwerpunkt bilden Lochplatten-Musikwerke und mit Notenrollen gesteuerte Klaviere und Klavier-Orchestrions. Sie verlieren erst mit dem Aufkommen von Schallplatten ihre Bedeutung. Das Museum erinnert an die Automaten, die zur Museumsnacht Halle und Leipzig sogar zum Konzert aufspielen.

Kinoorgel erinnert an Stummfilmzeit


Wer sich einmal in die Stummfilmzeit versetzen lassen will, sollte sich die Kinoorgel im großen Vortragssaal nicht entgehen lassen. Glockengeläut, Vogelgezwitscher, Regen, Donner, Autohupe – eine Kinoorgel kann viele Geräusche imitieren, um Effekte für den Stummfilm zu erzeugen. Das Museum hat die Kinoorgel, die 1929 für das Palast-Theater Erfurt gebaut worden ist, restaurieren lassen und setzt sie – wie andere Originale aus der Sammlung – regelmäßig für Konzerte ein.

Stand: 11.03.2024

Bildergalerie - GRASSI Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig

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