„Ohne Gaffee gönn mer nich gämpfn“ – mit diesen Worten sollen die Sachsen das Schlachtfeld im Siebenjährigen Krieg verlassen haben. Friedrich der Große prägt daraufhin den Begriff der Kaffeesachsen. Wie viel Wahrheit in dieser Legende steckt, mag jeder für sich selbst bewerten. Zumal der Preußenkönig den Kaffee allein für sich beansprucht. Dieser Spruch gehört aber zu jenen liebevollen Geschichten, mit denen das Museum „Zum Arabischen Coffe Baum“ tief in die Historie des Kaffees eintaucht. Seit 1. Juli 2025 hat das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig seine komplett überarbeitete Ausstellung in der Kleinen Fleischergasse 4 neu eröffnet.
Sie befindet sich in einem barocken Gebäude, das eines der ältesten Kaffeehäuser Europas beherbergt. Seit 1711 wird darin das liebste Heißgetränk der Sachsen ausgeschenkt. Die eindrucksvolle Portalplastik gibt dem Haus seinen Namen. August der Starke soll sie gestiftet haben. Zu sehen ist ein osmanischer Würdenträger unter einem Kaffeebaum, dem ein Putto eine Schale reicht. Das Museum ist separat vom Kaffeehaus und Restaurant „Zum Arabischen Coffe Baum“ zugänglich.
Die Kaffeebohne ist eigentlich eine Kirsche
In 16 historischen Räumen können die Gäste sich kurzweilig auf den Spuren des Kaffees unterhalten lassen, über Klischees nachdenken, außerdem die Schattenseiten der Bohne – wie die kolonialen Verflechtungen ihres Anbaus – reflektieren. Die Bohne ist streng genommen eine Kirsche. Botanisch handelt es sich um Steine oder Samen der Kaffeekirsche, wie das Museum aufklärt. Die Früchte des Kaffeestrauchs heißen im Arabischen bun (Beere), daher ist die Bezeichnung Kaffeebohne entstanden. Die Ursprünge des Kaffeeanbaus liegen in den Bergen des ehemaligen Königreichs Kaffa, das heute zu Äthopien gehört.
Von Mokka nach Europa
Europäische Kaufleute entdeckten den Kaffee im 15. Jahrhundert in Jemen und transportieren ihn beispielsweise aus der Hafenstadt Mokka in ihre Heimatländer. Die Ausstellung spart koloniale Verflechtungen und Ausbeutung nicht aus – bis hin zum heutigen globalen Handel. Und es geht natürlich auch um fairen Handel als Alternative. Der koloniale Bezug ist bis heute beim Kaffeehaus Riquet sichtbar – mit den Elefantenköpfen an der Fassade. Die Schau rund um die Geschichte des „Schälchen Heeßen“ in Leipzig und Sachsen ist natürlich vor allem eine Hommage an den Genuss und das sinnliche Leben.
Aufgegriffen werden Legenden rund um den Kaffee. Dieser soll einerseits Geist, Körper und Magen stärken und sogar das Leben verlängern, wie Kaffeeliebhaber schon im 18. Jahrhundert behaupten. Seine Gegner sehen ihn indes als gefährliches Gift, das Kopfschmerz, Schwindel und sogar Hämorrhoiden verursachen soll.
Erklärt wird, woher der Begriff „Bliemchenkaffee“ stammt. Das ist ursprünglich keineswegs eine „dünne Brühe“, wie viele vermuten. Es handelt sich um einen hochwertigen Kaffee, der in Tassen – etwa aus Meissner Porzellan – gereicht wird, auf deren Grund man eine kunstvolle Blume sehen konnte. Gemeint ist mit „Bliemchenkaffee“ im allgemeinen Sprachgebrauch aber wohl der extrem dünne Aufguss im Industriezeitalter.
Barttasse und Bachs Kaffeekantate
Beispiele für hochwertiges Porzellan, ob nun mit Ansicht der Thomaskirche oder mit Wappen der Universität Leipzig, sind verschiedene zu sehen. Eindrucksvoll ist die sogenannte Barttasse. Damit die männliche Zierde beim Schlürfen des Kaffees nicht „baden gehen“ muss, wird für Männer Ende des 19. Jahrhunderts eine Barttasse mit eingelegtem Steg entwickelt.
Dass Leipzig Johann Sebastian Bachs berühmte Kaffeekantate nicht ausspart, versteht sich von selbst. Ihr ist ein eigener Raum gewidmet. Der Leipziger Kaffeehausgeschichte wird ebenfalls viel Aufmerksamkeit geschenkt. Da dürfen Richters Kaffeehaus oder das Café Corso nicht fehlen. 1697 wird in Leipzig die erste deutsche Kaffeehausverordnung erlassen. Sie untersagt Glücksspiele und Prostitution.
Ein Hingucker ist die legendäre „Moka Efti“. Das ist eine Espressomaschine, die von der Glanzzeit der Kaffeehäuser in den 1920er Jahren erzählt. Das gezeigte Exemplar stammt aus Berlin.
Wie die DDR der Kaffeekrise trotzen will
Interessant ist das Kapitel rund um Kaffee in der DDR. So gibt es beispielsweise ein Wiedersehen mit einer Tüte „Kosta“, die seit 1977 nicht mehr hergestellt wird. Das ist das Jahr der Kaffeekrise. Die devisenschwache DDR kann nach einer Missernte in Brasilien bestimmte Sorten nicht mehr importieren. Sogar SED-Parteichef Erich Honecker kommt mit einem Ausschnitt seiner Rede zum Partei-Lehrjahr rund um die Kaffeekrise akustisch zu Wort. Für die Bevölkerung wird ein minderwertiger Mischkaffee namens „Kaffee-Mix“ kreiert. Diesen lehnt die Mehrheit ab – es kommt zu zahlreichen Eingaben bei den Behörden und zu empörten Reaktionen. Freilich werden auch teurere Sorten wie „Rondo“ und „Mona“ sowie jene aus dem Delikat-Fachgeschäft angeboten. Wer kann, kauft den Kaffee im Intershop. Entsprechende Forumschecks als Zahlmittel sind ebenfalls zu sehen. Die DDR-Führung regt sogar an, Kaffee im befreundeten Vietnam anzubauen. Das funktioniert zwar gut – doch bei der ersten Ernte im Jahr 1991 gibt es die DDR nicht mehr.
Berühmte Gäste im Coffe Baum
Der „Coffe Baum“ ist stets Anziehungspunkt für berühmte Gäste, wie für den Schriftsteller Johann Christoph Gottsched oder den Komponisten Robert Schumann. 1983 werden hier Szenen des Spielfilms „Frühlingssinfonie“ mit Herbert Grönemeyer in der Rolle des Robert Schumanns gedreht. Schumann sucht das Traditionslokal zwischen 1833 und 1840 regelmäßig auf und trifft sich hier mit den „Davidsbündlern“, einer Gemeinschaft von Künstlern und Kunstfreunden.
Zu DDR-Zeiten treffen sich im „Coffe Baum“ die Mitglieder des 1978 gegründeten Künstlercafés. Keine Frage, dass die Staatssicherheit der DDR oft genug mithört. Bekannt ist die Gaststätte auch für zahlreiche Stammtisch- und Skatrunden. Prominente wie Maximilian Schell, Mario Adorf, Bill Clinton oder Kurt Masur haben den „Coffe Baum“ ebenfalls besucht.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung ist 2025 bei der Neu-Eröffnung des „Coffe Baums“ des Lobes voll über die behutsame Sanierung des sensiblen denkmalgeschützten Gebäudes, in dem Tradition und Moderne vereint worden sind. „Mit Geschichte vor Augen und einer Tasse Kaffee in der Hand kann man Leipzig hier von seiner schönsten Seite erleben“, sagt er. Und der Eintritt ins Museum ist sogar kostenfrei.
Stand: 05.07.2025