Foto: Leipzig – Meuten Memorial

Meuten Memorial

Lindenauer Markt | Ortsteil: Lindenau
Inhalt des Beitrags
Audiobeitrag: Meuten Memorial

Sitzen ist ausdrücklich erwünscht: Der Gedenkort auf dem Lindenauer Markt unweit des Theaters der Jungen Welt erinnert an die Leipziger Meuten. Mit rund 1.500 Mitgliedern ist das die größte oppositionelle Jugendbewegung der 1930er Jahre. Das Leipziger Jugendparlament im Stadtrat initiierte diesen Gedenkort, um die Meuten dem Vergessen zu entreißen. Eingeweiht wird dieser im April 2025. Die Geschichte dieser Jugendcliquen, die sich in Leipzig jenseits der Hitlerjugend gegen den Nationalsozialismus auflehnen, hat der Leipziger Historiker Sascha Lange erforscht und auch in mehreren Büchern beschrieben.

Ab Mitte der 1930er Jahre finden sich Jugendliche in ihren Wohnvierteln wie Lindenau, Kleinzschocher und Reudnitz zusammen. Sie kleiden sich anders als die Hitlerjugend und der Bund Deutscher Mädel. Mit bayrischen Trachten etwa wollen sie sich bewusst von der nationalsozialistischen Jugend abgrenzen, vor allem ihre Freizeit selbstbestimmt gestalten. So tragen die Jungs oft kurze Lederhosen mit Hosenträgern, weiße Strümpfe und ein buntkariertes Hemd, die Mädchen dunkle Röcke, dazu karierte Blusen, weiße Kniestrümpfe und Wanderschuhe.

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Fotogalerie - Meuten Memorial

Leipziger Meuten agieren auf der Reeperbahn


Anders als gut vernetzte Jungkommunisten sind es eher lose, unorganisierte Jugendcliquen. Kleidungsstil, Musik und Freizeitaktivitäten schweißen sie zusammen. Sie geben sich Namen, die auf öffentliche Plätze hindeuten, an denen sie sich regelmäßig treffen. Die größte Gruppe, der nahezu 100 Jugendliche angehören, nennt sich Reeperbahn. Die Clique trifft sich in der Schlageterstraße (heute:
Georg-Schwarz-Straße). Das ist damals eine beliebte Amüsiermeile mit Kinos und Gaststätten, die nach der gleichnamigen Straße in Hamburg im Volksmund Reeperbahn genannt wird. Eine weitere nennt sich „Hundestart“, wie der Alte Friedhof in Kleinzschocher volkstümlich heißt.

Mit selbstgedruckten Flugblättern und Guerilla-Aktionen werden die Leipziger Meuten gegen den NS-Staat aktiv. Sie prügeln sich mit Anhängern der HJ, stören deren Veranstaltungen. So steigt eine Gruppe beispielsweise aufs Dach eines HJ-Heimes in der Holzhäuser Straße, wo gerade eine Veranstaltung der Hitlerjugend stattfindet, und verstopft den Schornstein.

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Gedenkort in Lindenau erinnert an Meuten in ganz Leipzig


Die Leipziger Meuten sind unangepasst und geraten immer wieder in das Visier von Gestapo und NS-Justiz. Für viele endet dieses Aufbegehren 1939/40 in Gefängnissen und Erziehungsanstalten. In der DDR geraten die Leipziger Meuten weitgehend in Vergessenheit, da sie nicht zum kommunistischen Widerstand gerechnet werden konnten. Erst seit den 1980er Jahren beschäftigen sich Historiker mit ihnen.

Der Lindenauer Markt ist einer der zentralen Orte, an dem sich die Leipziger Meuten treffen. Deshalb ist der Gedenkort dort entstanden. Drei in Stein gefasste Leuchttafeln erinnern künftig an ihr Wirken. Die LED-Aufschriften machen außerdem aktuelle Anliegen junger Menschen sichtbar. „Das Denkmal soll auffallen. Es steht in Lindenau stellvertretend für alle Orte in Leipzig, an denen Jugendliche aktiv waren“, so Marius Wittwer, der zu den Initiatoren des Denkmals gehört, bei der Einweihung des Meuten-Memorials am 24. April 2025. Dort ist auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung zu Gast. Er sagt: „Der Ungeist erlebt wieder Auferstehung. Menschen hetzen und spalten“. Mittlerweile werden Antisemitismus und Rassismus wieder salonfähig. Deshalb sei es wichtig, die Realität des NS-Regimes zu zeigen und auf die Fragilität der Demokratie hinzuweisen. „Ich wünsche mir, dass viele auf diesem Denkmal Platz nehmen und ins Gespräch kommen.“

Ein Gedenkort für Jugendliche von Jugendlichen


Das Meuten Memorial ist ein Gedenkort für Jugendliche von Jugendlichen. Die Designer
Marvin Schwark und Ezra Dilger vom Kollektiv Plus X haben es in enger Kooperation mit jungen Leipzigern entworfen. Johannes Herwig erzählt die Geschichte einer Meuten-Gruppe aus Connewitz in seinem Roman „Bis die Sterne zittern“, der künftig in Oberschulen auf dem Lehrplan steht.

Die Leipziger Meuten sind vergleichbar mit den Edelweißpiraten, die sich am Rhein und an der Ruhr während der NS-Zeit bilden.

Stand: 24.04.2025

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Historisches Bildmaterial - Meuten Memorial

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