Der Märchenbrunnen bildet eins der wohl bekanntesten Märchen der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm ab. Der Bildhauer Josef Mágr verewigte in einem dreiteiligen Monument von 1906 das Märchen von Hänsel und Gretel und zeigt in verschiedenen Motiven ihre Geschichte.
Hänsel und Gretel verliefen sich im Park
Nur wenige Meter vom Mendelssohn-Denkmal entfernt erstreckt sich in den Anlagen des Promenadenrings am Dittrichring ein 10 Meter langes Denkmal. Das Zentrum des aus Muschelkalkstein erbauten Monuments bildet ein Brunnen, der einer Grotte ähnelt. Hier sind die lebensgroßen Bronzefiguren von Hänsel und Gretel auf einem Sockel zu sehen. Der Junge ist gerade dabei, Wasser zu schöpfen und seiner knienden Schwester etwas davon zu reichen. Über ihnen befindet sich ein Steinrelief der Knusperhexe, auf deren Kopf ein Rabe thront.
Zu beiden Seiten der Grotte sind Ruhebänke in den Stein gelassen. Darüber zeigen jeweils Bronzereliefs Motive aus dem Märchen. So sind auf der linken Seite Hänsel und Gretel im Wald zu sehen, die gerade das Knusperhäuschen finden. Über der rechten Bank schließen die Eltern die heimgekehrten Geschwister in ihre Arme. Die Reliefs zeigen also den Anfang und das Ende des Grimms Märchen.
Die originalen Bronzeteile von 1906 sind heute nicht mehr vorhanden. Sie wurden im zweiten Weltkrieg eingeschmolzen, da sie, wie viele Denkmäler, als „Metallspende des deutschen Volkes“ dienten. Sie wurden jedoch von den Leipziger Künstlerinnen Elfriede Ducke und Hanna Studnitzka im Jahr 1965 erneuert.
Die Gebrüder Grimm in Leipzig
Nachdem die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm ihre Anstellung in Göttingen durch Proteste gegen den Verfassungsbruch des Königs von Hannover verloren hatten, kam die Überlegung auf, nach Leipzig zu ziehen. Dafür reiste Jakob Grimm in die Stadt, um einen Eindruck zu bekommen und Unterkünfte zu besichtigen. In Briefen an seinen Bruder wird jedoch ersichtlich, dass er Leipzig als zu vornehm, zu groß und zu teuer empfand. Durch diesen schlechten Eindruck verwarfen sie Leipzig als möglichen Wohnsitz wieder. Jedoch bekamen sie dennoch Unterstützung von liberalen Leipziger Bürgern, zu denen auch Karl Reimer und Salomon Hirzel, Inhaber einer Buchhandlung, gehörten. Sie schlugen den Brüdern vor, gemeinsam mit ihnen ein neuhochdeutsches Wörterbuch herauszubringen. Seitdem waren Grimms oft zu Gast in Leipzig und trafen dort auf die Germanisten Moritz Haupt, Rudolf Hildebrand und Friedrich Zarncke sowie auf den Verleger Hermann Härtel. Anfang Mai 1852 kam schließlich die erste Fassung des „Deutschen Wörterbuchs“ heraus.
Von Märchen und Skandalen
Zum Ärger der Gebrüder Grimm waren ihre Märchen oft Opfer von Plagiat. Die Märchen wurden ohne Einverständnis gedruckt und verkauften sich oft besser als die Originale, da Illustrationen eingefügt wurden. Die Klagen gegen diese Veröffentlichungen reichten teilweise bis nach dem Tod der beiden. Im Jahr 1893 erlosch schließlich das Copyright für die Märchen und vor allem Leipziger Verlage erteilten für sie Illustrationsaufträge. Berühmtheit erlangte eine Ausgabe mit Zeichnungen von Otto Ubbelohde, die 1907 bis 1909 im Turm-Verlag erschien.
Nach dem Zweiten Weltkrieg machte man Grimms Märchen in der frühen DDR mitverantwortlich an der Katastrophe des Dritten Reichs. So durfte zum Beispiel Hänsel und Gretel bis Mitte der 1950er Jahre nicht mehr in Kinderbüchern veröffentlicht werden. Begründung hierfür war die Erinnerung der Hexenverbrennung an den Holocaust.
Leipzigs private Kinderbuchverlage beschränkten sich demnach auf lediglich eine kleine Auswahl von Märchenbilderbüchern, während der Reclam-Verlag ab 1948 wieder für große Texteditionen in seiner „Universalbibliothek“ sorgte. Diesem Schritt folgten immer mehr Verlage, wie der Insel-Verlag oder der Leiv-Verlag.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute…
Nicht nur der Märchenbrunnen erinnert heute an das Wirken der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm in Leipzig. Auch das von Josef Mágr verzierte Märchenhaus mit Fabelwesen in der Philipp-Rosenthal-Straße 21 und der Rathausbrunnen, im Volksmund Rattenfängerbrunnen genannt, sind genauso Zeugnisse wie viele Straßennamen im Stadtteil Marienbrunn.
Zu Weihnachten im Jahr 1812 erschien zum ersten Mal die Publikation „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm. Seitdem wurden ihre Märchen in mittlerweile 160 Sprachen veröffentlicht. Anlässlich dessen erschien im Jubiläumsjahr 2012 eine dreibändige Ausgabe des Haffman Verlags.
Stand: 29.11.2023